Elftausend – zu Fuß durch den Westen der USA

Der knapp 11.000km lange Great Western Loop gilt als eine der größten Herausforderungen des Fernwanderns und setzt sich aus einigen der bekanntesten amerikanischen Fernwanderwege zusammen.

Der Great Western Loop ist ein Wettlauf gegen den Winter. Die Zeit für die Überquerung der 4.000m hohen Rocky Mountains und der Sierra Nevada ist begrenzt, denn der nahende Winter droht wichtige Bergpässe zu verschließen. Zwischen diesen Gebirgen, liegen die trockenen Wüsten Arizonas und Kaliforniens, die Bärengebiete Montanas und zahlreiche Nationalparks.

Nie zuvor hat ein Mensch, dieses Abenteuer gegen den Uhrzeigersinn gewagt.

In seinen 222 Tagen in der amerikanischen Wildnis verlor Niels Rabe u.a. 15 Kg durch eine Giardia-Infektion. Er hing mit seinem Leben an einer Eisaxt und durchquerte mehr als 100km Wüste ohne eine einzige Wasserquelle.

In seinem Buch “Elftausend” beschreibt Niels Rabe spektakuläre Reise voller unvergesslicher Momente und unbedingtem Willen. Eine Reise geprägt von faszinierenden Begegnungen und knallharten Herausforderungen, wie Hunger, Durst und Orientierungsverlust, die ihn regelmäßig an seine körperlichen und mentalen Grenzen führten.

Ich habe Niels bei meiner Ausbildung zum Trekkingguide- Wander- und Naturreiseleiter/in kennengelernt.
Er ist mir als hilfsbereiter, erfahrener Mensch in Erinnerung geblieben. Immer etwas unruhig, immer so ein wenig das Gefühl, als sei er auf dem Sprung, so als würde sich die Welt nicht schnell genug für ihn drehen. Heute darf ich dir mein Interview mit ihm vorstellen.

Erkennst du dich aus meiner Beschreibung wieder oder ist meine Wahrnehmung eine völlig andere?
Wer steckt hinter dem Abenteurer Nils? Wie würdest du dich selbst beschreiben ?
Das passt. Mehr zu mir ergibt sich aus den u.s. Antworten…

Wie lange hast du deine Wanderung im Voraus geplant, und wie hast du dich darauf vorbereitet?

Meine Planung habe ich im Sommer 2019 begonnen. Zunächst mit vielen Recherchen, Ausrüstungstests und Excel-Tabellen, welche Entfernungen und Routenplanungen enthielten. Das Problem am Great Western Loop ist nicht die Distanz von knapp 11.000 Kilometern, sondern die Tatsache, dass ich im Osten durch die 4.000 m hohen Rocky Mountains und im Westen durch die ebenfalls 4.000 m hohen Berge der Sierra Nevada musste. Diese Gebirge sind wegen der Schneeverhältnisse nur zwischen Mai und Oktober passierbar. Gleichzeitig kann ich in den Wintermonaten aber auch nicht in den Bergen nahe der kanadischen Grenze, oder im Sommer durch die Wüste New Mexico´s laufen. Das hat die Planung und das verfügbare Zeitfenster für den Start sehr kompliziert gemacht.
Mein Start musste im März, oder April erfolgen. Von Flagstaff aus musste ich dann zeitig die Rockies erreichen, mich mit Schneeschuhen durch den abtauenden Schnee kämpfen, um dann noch genug Zeit zu haben, um die rund 6.500 Kilometer bis zur Sierra Nevada zu schaffen, bevor die ersten Winterstürme einbrechen würden. Das bedeutete ich musste 4-5 Monate lang jeden Tag 50 Kilometer im Durchschnitt laufen. Der Great Western Loop war also ein erbarmungsloser Wettlauf gegen den Winter.
Ende 2019 begann dann mein Training. Hierfür bin ich nach Neuseeland geflogen und den 3.000 Kilometer langen Fernwanderweg “Te Araroa” gelaufen. Mein Ziel war es nach ca. zwei Monaten 60 Kilometer pro Tag laufen zu können. Als ich den Trail nach drei Monaten beendet hatte, ging es direkt in die USA. Mitte März 2020 startete ich dann meinen ersten Versuch, den ich aber wegen Corona im April abbrechen musste. Ziemlich geknickt ging es heim. Ohne Job, ohne Wohnung und mit einem gescheiterten Traum, war für mich aber doch klar, dass ich einen neuen Versuch im darauffolgenden Jahr wagen würde. Die Zeit bis dahin wollte ich optimal nutzen, um, um mich noch besser vorzubereiten. So entschied ich mich dann auch zur Trekking Guide Ausbildung.

Worin lag der Reiz für dich so einen gefährlichen außergewöhnlichen Wander-Trip zu machen?

Welche Bedürfnisse wolltest du damit stillen ?
Und ist es dir gelungen diese auch zu stillen ( kurzfristig, langfristig )?
Ich habe den Trail nie als außerordentlich gefährlich empfunden. Das klingt immer so reißerisch. Natürlich gab es gefährliche Situationen und Risiken, mit denen ich mich im Vorfeld auch auseinandergesetzt habe. Letztlich waren dies aber alles weitgehend kalkulierbare Risiken. Ich persönlich habe mehr Angst davor mit 90 Jahren auf meinem Sterbebett zu liegen und an all die Abenteuer und Erlebnisse zu denken, die ich nie gewagt habe.
Im normalen Leben arbeite ich als Projektmanager und verbringe viel Zeit hinter dem Computer. Die Zeit in der freien Natur ist hierzu der perfekte Ausgleich.
Nachdem ich 2018 den Pacific Crest Trail gelaufen bin, wollte ich 2020 zunächst “nur” den ca. 4.500 Kilometer langen Continental Divide Trail laufen. Durch Zufall stieß ich dann auf den Great Western Loop und sah, dass offenbar noch Niemand vor mir diese Route gegen den Uhrzeigersinn geschafft hatte.

Das hat mich neugierig gemacht. Ich wollte wissen, warum dies noch Niemand gewagt hatte. Ich wollte wissen, ob es machbar ist und inwieweit es mich als Person verändern würde. Ich hatte einfach Lust auf ein Stück Lebenserfahrung, auf etwas Einzigartiges, dass mir Niemand jemals würde nehmen können. Etwas dass völlig absurd schien und mich vor völlig neue Herausforderungen stellen würde. Ich wollte wissen, ob ich das Zeug habe, diese Herausforderung zu bewältigen. Dieser Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen.

Ob meine Neugier und Abenteuerlust nach dem Trail gestillt ist, ist schwer zu sagen.

Der Great Western Loop war die härteste Erfahrung meines Lebens. Gleichzeitig, aber auch die Schönste. Ich will keine Sekunde dieses Abenteuers missen. Auch nicht die schlechten und schwierigen Momente. Mark Manson schreibt in seinem Buch “The subtle art of not giving a fuck”, dass Glück oftmals aus der Überwindung von Problemen und Herausforderungen besteht. Das sehe ich auch so. Der Trail hat mich vor immer neue und schwierige Herausforderungen gestellt, doch was auch immer kam. Dort draußen war ich glücklich. Ich war der Herr meines eigenen Schicksals. Ich hatte die volle Kontrolle und die volle Verantwortung für all meine Taten. Nie zuvor habe ich derart intensiv und bewusst gelebt.
Was waren deine außergewöhnlichsten Momente ?
In meinen 222 Tagen habe ich u. a. 15 kg durch eine Infektion verloren, ich bin zweimal von vereisten Hängen abgerutscht, habe mich als erster Mensch in der Saison durch die verschneiten Rocky Mountains gekämpft. Ich wurde von einem Fluss mitgerissen, vor Waldbränden evakuiert und habe in Arizona 112 Kilometer Wüste ohne eine einzige Wasserquelle durchquert. Ich bin in einem Supermart wegen Wassermangel kollabiert und habe fürchterliche Angst, erbarmungslosen Hunger und bitteren Durst erfahren. Bären, Klapperschlagen und Pumas gesehen und unfassbar intensive Momente des Glücks, aber auch der Verzweiflung erlebt. Trotz all dieser Herausforderungen habe ich immer an mich und an meinen Traum geglaubt. Unbeirrt, entschlossen und manchmal vielleicht auch stur, wie ein Esel habe ich am Ende mein Ziel erreicht. Ich habe etwas geschafft, dass mir heute niemand mehr nehmen kann. Etwas Einzigartiges, für das ich viel riskiert habe. Dieses Risiko hat sich gelohnt. Es war eine Erfahrung die meine Zukunft verändern und bereichern wird.

Was war dein schlimmstes, was dein schönstes Erlebnis?

Es gab zwei schlimme Erlebnisse, die mich sehr geprägt haben.
Das erste Erlebnis hätte mich fast mein Leben gekostet. Das Zweite fast meinen Traum.
Das erste Erlebnis ereignete sich auf rund 3.500m Höhe in den verschneiten Rocky Mountains.
Der Schnee hatte den sonst ebenen Trail überdeckt und in einen steilen Hang verwandelt, auf dem ich selbst mit Steigeisen nur schlecht Halt fand. Ich musste immer wieder meine Eisaxt nutzen und mich an Bäumen festhalten, um Engpässe sicher zu überqueren. An einer Spitzkehre musste ich stoppen. Der Trail vor mir war unpassierbar. Mir blieb erneut nur ein Aufstieg über den Grat, um dann etwas weiter oben eine geeignete Stelle für die Traverse zu finden. Mit der Eisaxt in der dem Berg zugewandten Hand und dem etwas längeren Trekkingstock in der anderen Hand begann ich die Traverse. Und stürzte ab.
Meine Eisaxt bremste den Sturz, aber die Wucht meines Sturzes hatte sie aus dem Eis gerissen. Unkontrolliert schoss ich den Abhang hinab und sah die Wipfel der Bäume unter mir immer schneller auf mich zukommen. Rund 40 m unterhalb meiner Position lag eine kleine Klippe und mir war sofort klar, was das bedeutete. Verzweifelt versuchte ich, die Kontrolle über meine Eisaxt zu erlangen, die glücklicherweise noch an meinem Handgelenk baumelte. Meine Reaktion war schnell. Während ich Meter um Meter weiter rutschte, bekam ich die Eisaxt zu fassen, warf meinen Körper herum und rammte die Axt in den Schnee. Ich wurde langsamer, aber ich rutschte noch immer weiter in Richtung des Felsvorsprungs. Endlich bekam ich auch mit der zweiten Hand die Eisaxt zu fassen. Ich legte meine rechte Hand über die Schaufel, die mir auf dem harten Eis immer wieder ins Gesicht entgegenschlug, und presste sie hart in den Schnee. Dann zog ich die Eisaxt diagonal unter meinen Oberkörper, brachte meinen Schwerpunkt über die Haue und winkelte meine Beine an, um all mein Gewicht auf einen einzigen kleinen Punkt zu konzentrieren. Dann war alles getan, was ich tun konnte, um mein Leben zu retten. Der Rest war hoffen. Und während die Klippe immer näher kam, ging mein Blick hinunter ins Tal. Noch 35 m bis zur Klippe! Dann 30 m und ich rutschte weiter! Nach rund 15 Metern wurde ich langsamer und stoppte. Ich hatte meinen Sturz abgefangen und konnte mich auf den Hang pressend durchatmen. Die Gefahr war vorüber. Ob ich einen Absturz hier überlebt hätte, weiß ich nicht. Vielleicht ja, aber wäre ich über den Felsvorsprung gerutscht, wäre ich vermutlich von einem der Bäume in der 150 m tiefer gelegenen Schlucht aufgespießt oder erschlagen worden.
Das zweite Erlebnis ereignete sich einige Monate später kurz vor der Grenze zwischen Oregon und Kalifornien.
Ich war wenige Meilen vom Windigo Pass entfernt und rastete für einige Minuten auf einem Bergkamm. Ich bemerkte, dass ich dort oben Empfang hatte, und checkte kurz meine Nachrichten. Und plötzlich war alles anders. Der U.S. Forest Service hatte am Morgen angekündigt, dass neben den initial zehn geschlossenen Wäldern nun alle (!) Nationalwälder in Kalifornien für knapp drei Wochen geschlossen würden. Mehr als 2.000 Kilometer des PCT waren damit unzugänglich. Würde ich warten, würde ich  es niemals rechtzeitig durch die Berge schaffen. Alle meine Pläne, die Feuer in Nordkalifornien zu umgehen, waren hinfällig. Kalifornien war dicht. Mein Abenteuer stand vor dem Aus. Ich blickte ungläubig auf mein Handy. Die Nachricht zog mir den Boden unter den Füßen weg. Plötzlich war ich einfach nur noch unendlich müde, wütend, frustriert und enttäuscht. Ich war kurz davor, in Tränen auszubrechen. War dies das Ende meiner Wanderung? War jetzt wirklich alles umsonst gewesen?
Nach mehr als 7.000 Kilometern und über 150 Tagen in der Wildnis schien alles, wofür ich in den letzten Monaten so hart gearbeitet hatte, vergebens zu sein. Alle Umwege, alle Plananpassungen, all die Schmerzen und die unzähligen Meilen schienen plötzlich völlig wertlos zu sein. Alle meine Überlegungen, wie ich die Feuer in Nordkalifornien umgehen wollte, verpufften. Der Trail hatte mir viele Steine in den Weg geworfen. Bis hierhin hatte ich alle aus dem Weg geräumt und war an der Herausforderung immer weiter gewachsen, doch die aktuelle Schließung schien einfach keine Option mehr offen zu lassen. Zu groß war der betroffene Bereich.
Andere Hiker rieten mir dazu, nun auch endlich aufzugeben und den Trail zu verlassen, aber mir war klar, dass es keinen dritten Versuch für den Great Western Loop geben würde. Ich versuchte mich abzulenken, indem ich an das Schicksal jener Menschen in South Lake Tahoe und Chester dachte, die gerade um ihre Existenz kämpften und ganz andere Sorgen plagten als mich. Die Vorstellung dessen, was gerade viele Menschen durchmachen mussten, bewegte mich sehr. So frustriert ich auch war, so war für mich klar, dass ich mich an die Vorgaben halten würde. Die Entscheidung des U.S. Forest Service war nur schwer für mich zu akzeptieren. Aber nachvollziehbar. Bei mehr als 100–130 zeitgleich brennenden Feuern waren die Behörden einfach am Limit. Die Vorstellung, wegen eines albernen Rekordversuches selbst in Schwierigkeiten zu geraten und dadurch Einsatzkräfte zu binden, während irgendwo die Existenz eines Menschen abbrannte, machte mir die Entscheidung einfacher. Ich hatte kein Recht mein Abenteuer über das Wohl der Menschen vor Ort zu stellen.
Über den schönsten Moment muss ich tatsächlich lange nachdenken.
Es gab unzählige wundervolle Momente. Die Begegnung mit Schwarzbären, oder den beiden Pumas die mit unvergleichlicher Eleganz durch die Berge sprangen, die Geysire im Yellowstone Nationalpark, oder die unendliche Weite der gnadenlos trockenen Wüste Arizonas, oder die wundervolle Einsamkeit in einer Welt aus Eis und Schnee tief in den Rocky Mountains.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir aber jener Moment, als ich Anfang Juni das Ende der Rocky Mountains in Colorado erreichte. Der Weg zum Bridger Pass war schwer, aber von hier ging es stetig bergab. Geradewegs durch die Medicine Bow Wilderness, deren Wegweiser nur zur Hälfte aus dem Schnee herausragten. Um 09:05 Uhr war es dann so weit. Der Blick nach Norden lag frei. Was ich sah, war nichts. Keine Berge, kein Schnee und auch keine reißenden Flüsse. Nur flaches, grünes Land. Ich atmete durch und setzte mich für einige Minuten auf den letzten Rest des Schnees. Ich schnallte meine Schneeschuhe ab und spürte, dass meine Füße etwas wärmer waren als üblich. Als ich meine Socken auszog, sah ich, dass diese von innen blutgetränkt waren.
Im weichen Schnee der letzten Meilen, hatte ich meine Schneeschuhe so oft mit aller Kraft aus dem Schnee ziehen müssen, dass die Gummi-Schnallen mir tief ins Fleisch geschnitten hatten und meine Füße an einigen Stellen aufgeplatzt waren. Doch das alles war egal. Ich hatte Colorado und die Rocky Mountains im Mai geschafft. Noch heute bewegt mich jenes Bild, das ich an diesem Ort schoss, zutiefst. Auf den unwissenden Betrachter wirkt das Bild völlig unscheinbar, doch für mich ist es voller Emotionen. Die Last und die Sorgen, die in diesem Moment von meinen Schultern fielen, sind nicht in Worte zu fassen. Ich spürte pure Erleichterung, Stolz und eine tiefe Genugtuung. Die letzten Wochen in Colorado waren unfassbar hart und entbehrungsreich gewesen. Ich hatte kämpfen und Ängste überwinden müssen, um so weit zu kommen und dennoch wollte ich keinen dieser Tage missen. Diese Wochen im Schnee haben mich nachhaltig geprägt. Doch nun konnte ich den Trail endlich wieder sorgenfrei genießen. Das, was viele Hiker abschreckte, hatte ich erfolgreich durchgestanden. Colorado im Mai war ein gefährliches Abenteuer gewesen.
Zu behaupten, ich hätte „überlebt“, klingt zu dramatisch, aber es war manchmal knapper als mir lieb war.
Gab es eine besondere zwischenmenschliche Begegnung/Erfahrung?
Ja, es gab viele besondere Begegnungen. Ich bin den Amerikanern sehr dankbar, für die Unterstützung die ich unterwegs erfahren habe. Es ist sehr bewegend, wenn wildfremde Menschen dir mitten in der Wüste eine Handvoll Erdbeeren, oder aus einem vorbeifahrenden Auto eine Dose Cola reichen. Manchmal wollten Menschen mein Essen im Restaurant bezahlen, nachdem sie meine Geschichte gehört hatten. Diese Unterstützung hat mich immer wieder motiviert weiterzulaufen und mir durch so manches Tal geholfen. Eine Situation ist mir aber in besonderer Erinnerung geblieben.
In Grants, New Mexico sah ich einen alten, obdachlosen Mann, der mir zuwinkte. Instinktiv winkte ich ab und bevor ich wirklich hörte, was er zu mir sagte, hatte ich bereits ein lapidares und ablehnendes „Thanks, i´m fine“ ausgesprochen. Erst dann drangen seine Worte wirklich zu mir durch. „Hey, are you hungry? I got two sandwiches and i´m happy to share!” Ich stutzte und realisierte meinen Fehler. Doch ich hatte bereits reagiert und bekam als Antwort darauf ein: „Alright, just asking. I know how it feels to be hungry.“ Mir rutschte das Herz in die Hose und ich hatte einen Kloß im Hals. Ich fühlte mich armselig und hatte nicht den Anstand, um stehenzubleiben. Mit meinen zerrissenen Kleidern sah ich kaum einen Deut´ besser aus als jener Mann, den ich gerade verurteilt und abgewertet hatte. Aus Angst, selbst etwas abgeben zu müssen oder gar zu verlieren, hatte ich ablehnend und respektlos reagiert.
Der Mann wollte mir nichts nehmen. Das Gegenteil war der Fall, denn wohlwissend, wie es sich anfühlt, hungrig zu sein, wollte er jenes bisschen Essen, das er in seiner spärlichen Plastiktüte hatte, mit mir teilen. Wie heißt es doch so schön? „Don´t judge a book by it´s cover“. Selten war dieses Sprichwort treffender als in diesem Moment. Ich hatte einen grausamen Fehler gemacht und diese kurze Begegnung, die kaum zwei Minuten dauerte, hängt mir noch heute nach. In eben jenem Moment war nicht der obdachlose Mann arm, sondern ich. Charakterlich arm. Es soll mir eine Lehre sein.
Der Mensch, ein Herdentier, der eine mehr, der andere weniger.
Was hat das Alleine sein mit dir gemacht? Hast du dich mal einsam gefühlt? Und wie konntest du damit umgehen?
Hier ist es wichtig zwischen Einsamkeit und dem alleine sein zu unterscheiden.
Ich bin gerne allein und fühle mich in großen Gruppen eher unwohl. Das Gefühl, allein zu sein, ist hierbei aber keineswegs gleichzusetzen mit Einsamkeit. Ich habe mich dort draußen nie einsam gefühlt. Ich war umgeben von einigen der schönsten Landschaften die diese Erde zu bieten hat und habe mich dort draußen stets behütet gefühlt. Ich habe wundervolle Begegnungen mit wilden Tieren und gelegentlich auch anderen Wanderern erlebt.
Zudem war mir klar, dass ich knallhart zu mir sein musste um den Great Western Loop zu schaffen. Diese Härte konnte ich von keiner anderen Person zumuten und ich war auch nicht bereit die zusätzliche Verantwortung für eine weitere Person zu übernehmen. Ich wollte mich ganz bewusst auf mich und mein Ziel konzentrieren. Kompromisse würden mich nicht ans Ziel bringen.
Ich erinnere mich noch gut an meinen aller letzten Tag auf dem Trail. Rastlos und mein Ziel vor Augen habend beschloss ich gegen 4:00 Uhr, aufzustehen und mein Zelt abzubauen. Um mich herum hörte ich ein konstantes und unheimliches Bellen und Heulen einer Gruppe Coyoten. Mehrfach drehte ich mich um und suchte mit der Taschenlampe meines Handys die Umgebung ab. Angst hatte ich aber nicht. Die Coyoten waren mein letztes Geleit auf dem Weg in die Stadt. Eine Ehrenformation des Waldes, die mich auf meinen letzten Metern begleitete und sicher in die Stadt führte.
Es war ein letzter Gruß der Natur am Ende einer langen und intensiven Beziehung, in der wir uns gut kennengelernt hatten. Es war, als würde der Wald von mir Abschied nehmen und mir ein allerletztes Mal Respekt zollen wollen. Auf diesen letzten Metern konnte mir nichts mehr passieren. Ich fühlte mich behütet und beschützt und ich genoss jeden einzelnen Atemzug.
Zu sagen, dass ich Teil der Natur geworden bin klingt absurd, aber die Wahrnehmung der Natur und seiner Eigenheiten verändert sich, wenn man mehrere Monate dort draußen verbracht hat. 
Hast du dir mentale Techniken angeeignet, die dir unterwegs geholfen haben, wenn ja verrätst du sie uns?
Gab es Momente in denen du aufgeben wolltest und das Gefühl hattest du schaffst es nicht ? Wenn ja was hat dir geholfen weiterzumachen?
Ja, zum einen habe ich versucht mich immer nur auf die gerade vor mir liegende Etappe zu konzentrieren, um nicht von der Größe der Herausforderung überwältigt zu werden. Ich habe mir die Tour in viele kleine Etappen eingeteilt, die allein betrachtet alle gut zu bewältigen waren. Ich hatte stets ein klares Ziel vor Augen. Die nächste Stadt, der nächste Burger, oder die nächste Dusche in einem kleinen Motel. Natürlich musste ich aber auch immer wieder vorausschauend planen und die restliche Strecke im Blick behalten. Ich habe mir daher auch immer wieder vorgestellt, wie ich am Ende der Tour nach Flagstaff einlaufe. Jene Stadt in der ich Ende März gestartet war. Ich habe mir vorgestellt, wie ich am Ortsschild auf die Knie sinke und meine Faust in den Himmel recke. Wissend, etwas geschafft zu haben, was vor mir noch kein Mensch geschafft hatte. Dieses Bild hat mich motiviert und mich immer wieder angetrieben.
In schwierigen Momenten half mir zudem das Gedicht “Invictus” von William Ernest Henley. Invictus bedeutet soviel, wie “Unbezwungen”, oder “Unbesiegt” und jenes Zitat hat Nelson Mandela während seiner Gefangenschaft auf Robben Island Kraft gegeben. Die entscheidende Passage lautet “I am the master of my fate, i am the captain of my soul.” Es geht darum, dass eigene Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und die Verantwortung für die eigenen Entscheidungen in voller Konsequenz allein zu tragen. Und es geht darum, seine Einstellung und Geisteshaltung entsprechend anzupassen. Ausreden zählen nicht. Niemand außer mir selbst trägt die Verantwortung für meine Entscheidungen. Im tiefsten Schneesturm hatte ich nicht die Option mich weinend in die Ecke zu setzen und darauf zu vertrauen, dass mich jemand aus der Situation befreit. Ich selbst musste aktiv werden. Ich selbst musste handeln und eine Lösung finden. Ich hatte mich bewusst für dieses Abenteuer entschieden und musste mich mit den Konsequenzen auseinandersetzen.
Was mir noch geholfen hat, waren funktionierende Routinen. Klar strukturierte Abläufe, die mich nicht ins Grübeln kommen ließen. So schaffte ich es morgens innerhalb weniger Minuten zu frühstücken und wieder auf dem Trail zu sein, egal wie das Wetter war.
Der Geist beherrscht den Körper, kannst du das bestätigen?
Absolut. Die körperliche Herausforderung war enorm, aber nicht zu vergleichen mit dem, was mir der Trail mental abverlangt hat. Insbesondere die andauernden Waldbrände im Westen der USA haben mir immer wieder riesige Steine zwischen die Beine geworfen, die mich an meinem Vorhaben, haben zweifeln lassen. Der Great Western Loop war eine Achterbahn aus extremen Emotionen. Pures Glück und absolute Verzweiflung wechselten sich regelmäßig ab.
Mal saß ich weinend vor Glück auf dem Trail. Mal traurig und frustriert, mit dem Gefühl, dass sich der ganze Trail gegen mich verschworen hatte. Aber auch in Momenten größter Verzweiflung bin ich immer wieder aufgestanden und weitergelaufen. Ich hatte es geschafft, mir stets diesen einen kleinen Funken Hoffnung zu bewahren und mich daran zu klammern. Hoffnung ist ein mächtiges Werkzeug. Wenn die Chancen schlecht stehen und es scheint, als hätte sich die Welt gegen uns verschworen, dann braucht es manchmal eine gewisse Sturheit, dennoch auf das Unmögliche zu hoffen. Denn auf Hoffnung können neue Wege gebaut werden. Ohne diese Hoffnung hätte ich nie die Kraft gehabt all die Strapazen auszuhalten.

Im Alltag sind wir oft nicht bei dem was wir gerade tun. Entweder in der Vergangenheit oder in der Zukunft, dabei “ist der Weg das Ziel ” wie man so schön sagt. Vor allem bei unseren Zielen, die wir uns stecken, genießen wir oft den Weg dahin zu wenig, obwohl der Moment , in dem wir das Ziel erreichen meist der kürzeste Moment ist.

Wie war das für dich? Konntest du den Weg genießen oder war das Endziel so gegenwärtig ?

Mein Endziel war natürlich allgegenwärtig. Die Faszination als vielleicht erster Mensch der Welt den Great Western Loop gegen den Uhrzeigersinn zu schaffen hat mich dabei auch immer wieder angetrieben. Ich habe viele Momente dort draußen sehr genossen, aber auch immer wieder gemerkt, dass mein Ziel seinen Tribut gefordert hat. Oft wäre ich gerne etwas länger an einem See geblieben, oder in einer hübschen Kleinstadt, doch der drohende Wintereinbruch hat mich immer wieder auf den Trail gezwungen.
Der mentale Druck die Sierra Nevada nicht rechtzeitig zu erreichen, war stets präsent und hat mich viel Kraft gekostet. Es war aber auch von vornherein klar, dass dieses Wettrennen kein “Genuss”, sondern vielmehr eine physische und psychische Herausforderung werden würde. Darauf war ich eingestellt. Genossen habe ich die Freiheit dort draußen. Die Ehrlichkeit des Trails und die Einfachheit des Lebens. Zum Ende hin war ich sehr hin- und hergerissen. Ein Teil von mir wollte die Strapazen endlich beenden, der andere Teil von mir hatte Angst vor dem, was wohl danach kommen würde.

Kannst du den Moment beschreiben, indem du dein Ziel erreicht hast? Als du am Endpunkt deiner Reise angekommen bist? Welche Gefühle haben dich da begleitet und was hat dein Körper dir gesagt ?

Es war still, als ich Flagstaff erreichte. Es gab keine Fanfaren und auch kein Empfangskomitee. Niemand applaudierte. Niemand feierte mit mir. Niemand nahm Notiz von meinem Erfolg und niemand wartete dort auf mich. Für die Menschen auf den Straßen Flagstaffs war ich nur ein dreckiger, stinkender Hiker, den es zu meiden galt. Es war still. Unendlich still. Ich war allein mit mir und meinen Gedanken. Allein mit mir und meinem Triumph – und das war okay so.
Ich hatte dieses Abenteuer auf mich genommen, um meine Grenzen zu testen, um etwas zu erreichen, was für immer allein mir gehören sollte. Vielleicht klingt es arrogant, aber der einzige Mensch, der in diesem Moment wirklich nachempfinden konnte, welche Strapazen ich erlebt hatte, war da. Und das war ich selbst. Während ich weiter in Richtung Stadtmitte ging, dachte ich an all die schönen und schwierigen Momente, die ich unterwegs erleben durfte. Ich wurde etwas wehmütig, machte ein Abschlussfoto im Stadtzentrum und genoss in aller Ruhe mein letztes Trail-Frühstück in einem kleinen Restaurant. Körperlich ging es mir recht gut, aber ich war mental einfach ausgebrannt.
222 Tage lang war ich oft bis zu 14 Stunden pro Tag gelaufen. Der Great Western Loop war damit der härteste Job den ich je gemacht hatte und ich sehnte mich nun nach etwas Abwechslung vom täglichen Laufen.

Am Ende bleibt das Gefühl, es geschafft zu haben. Allen Widerständen getrotzt zu haben. Das Gefühl, niemals aufgegeben zu haben, egal wie schlecht die Chancen standen und egal wie groß die Schmerzen waren. Ich habe für diesen Erfolg gelitten und meine eigenen Grenzen verschoben. Es ist unmöglich, dieses Gefühl zu beschreiben. Es ist einzigartig. Während all der Strapazen, während all der stetig wechselnden Herausforderungen, gab es eine durchgehende Konstante: meinen ungebrochenen Willen. Den unbedingten Willen, den Great Western Loop zu schaffen, und den klaren Blick, für das, was dafür zu tun war.

 

Was nimmst du für den Alltag aus dieser Grenzerfahrung mit?

Dort draußen habe ich gelernt, dass Motivation, Leidenschaft und Wille die größten Garanten für Erfolg sind. Nichts ist stärker als ein klares Ziel, eine Vision oder diese eine Idee, die unsere Augen zum Funkeln bringt.
Dann spielen auch das Gewicht des Rucksacks, eine Patella Dysplasie oder der Rückschlag durch eine Giardia-Infektion keine Rolle mehr. Unfassbare Dinge sind möglich, wenn man an sich selbst und seinen Traum glaubt und bereit ist, den notwendigen Einsatz dafür aufzubringen.
Nicht immer funktioniert alles auf Anhieb. Auch ich brauchte zwei Anläufe für den Great Western Loop. Das Gegenteil von Erfolg ist aber nicht, zu scheitern. Das Gegenteil von Erfolg ist aufgeben. Scheitern ist ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg zum Triumph. Das Leben ist manchmal ein Arschloch. Und jeder von uns hat sein ganz persönliches Paket aus Rückschlägen, schlechten Erfahrungen und Zweifeln zu tragen. Letztlich geht es jedoch darum, sich mit diesen Dingen auseinanderzusetzen, die richtigen Lehren daraus zu ziehen und seine Krone zu richten, während man aufs Neue aufsteht und weiterläuft.
Was ich aber insbesondere mitnehme ist eine innere Ruhe. Der Great Western Loop hat mich vor eine Vielzahl völlig neuer Herausforderungen gestellt. Irgendwie habe ich es geschafft für jede dieser Herausforderungen eine Lösung zu finden. Mir ist bewusst, dass ich nicht auf alle Fragen und Herausforderungen des Lebens eine Antwort habe, aber ich weiß nun, dass ich die Kraft und das notwendige Rüstzeug habe, um auf alles eine Antwort zu finden. Diese Gewissheit erarbeitet zu haben lässt mich sehr entspannt und optimistisch in die Zukunft blicken. Das ist der Lohn meines Abenteuers und es fühlt sich sehr gut an.
Jetzt will ich erstmal anderen Menschen Mut machen, die eigene Komfortzone zu verlassen. Mal wieder Dinge zu tun, von denen man selbst überzeugt ist, egal was das Umfeld sagt. Hierbei spielt es keine Rolle, wie groß oder klein der Traum ist. Ob der Traum aus einem Fernwanderweg, einer Selbstständigkeit oder vielleicht einer neuen beruflichen Herausforderung besteht.
Ich weiß, wie einsam die Welt erscheinen kann, wenn niemand sonst an die eigenen Ziele und Träume glaubt. Ich weiß, wie es sich anfühlt, belächelt und für verrückt erklärt zu werden. Ich weiß, wie es sich anfühlt, nicht ernstgenommen zu werden. Das alles ist in Ordnung. Das alles sind Momente, die wir uns gut einprägen sollten. Diese Momente enthalten Energie und es liegt an uns, ob wir uns von der Negativität herunterziehen lassen oder daraus eine „Jetzt-erst-recht“-Mentalität entwickeln und jene Energie in etwas Positives umwandeln. Es ist okay, Angst vor Veränderung zu haben.
Momente, in denen ich keine Angst habe, sind Momente, in denen ich faul auf der Couch liege und Netflix schaue. Momente, in denen ich keine Entscheidung treffe, Risiken vermeide, dumm und faul vor mich hinlebe und das Heft des Handelns aus der Hand gebe. Veränderungen bedeuten Ungewissheit, Ungewissheit birgt ein Risiko, aber jedes Risiko birgt auch eine Chance. Jenes Risiko, vor dem wir uns so sehr sträuben, könnte ebenso gut jene Chance sein, die unser Leben zum Besseren verändert. Jeder Traum hat ein Recht darauf, gelebt zu werden. Es liegt an uns selbst, dies wahr werden zu lassen
Wann geht’s wieder los und was ist dein nächstes Ziel ?
Ich bin gerade nach Hamburg gezogen und will dieses Jahr nutzen um Vorträge über den Great Western Loop und Workshops unter dem Thema “Fernwandern leicht gemacht” zu geben, um mehr Menschen an dieser Faszination teilhaben zu lassen. Es müssen ja nicht gleich 11.000 km sein 😉
Danach würde ich aber gerne mal auf etwas kürzere Trails gehen und dort mit einer Drohne tolle Videoaufnahmen machen.
Mehr Infos zu mir und zum Great Western Loop gibt es auf www.justagermanhiker.com
oder
Projektmanagement-Trainings:
https://www.udemy.com/user/niels-rabe/Niels Buch kannst du hier bestellen: 
Buch: Elftausend – zu Fuß durch den Westen der USA – Jetzt erhältlich!
https://www.bod.de/buchshop/elftausend-niels-rabe-9783756889440

Helfen macht glücklich! – Mein Plädoyer fürs Ehrenamt

Nun bin ich also auch hier – in diesem Blog! Als Jasmin mir vor geraumer Zeit ihre Idee unterbreitete, verschiedene Persönlichkeiten in ihrem Newsletter vorzustellen und mich fragte, ob ich nicht Lust darauf hätte, sagte ich spontan ja. Um im Anschluss daran ins Grübeln zu geraten, denn schließlich gehört etwas dazu, was jeder kennt, aber die wenigsten mögen: sich anderen vorzustellen!

 

Vielseitigkeit und Fotografie 

Nun denn: mein Name ist Daniela, ich bin seit knapp vier Jahren glücklich mit meinem wunderbaren Mann verheiratet, und wir leben gemeinsam mit unseren Fellnasen im schönen Goslar. Ursprünglich aus Sachsen-Anhalt stammend, bin ich inzwischen hier in meiner Wahlheimat angekommen, fühle mich im Harz sehr wohl und zuhause.

Man kann mich mit Fug und Recht als vielseitig interessierten Menschen beschreiben, stets neue Ideen im Kopf und ständig daran interessiert, meine kreative Ader auszuleben. So bin ich zum Beispiel neben meinem eher trockenen Job in der Verwaltung eines Lebensmittelgroßhandels nebenberuflich als Fotografin unterwegs und porträtiere mit viel Herz und Leidenschaft Paare und Familien. Schaut gerne mal auf meiner Homepage www.daniela-schmidt-fotografie.de vorbei, ich freue mich über jeden Besucher.

 

Ehrenamt Tierschutzverein

Ein anderer, sehr wichtiger Teil meines Lebens und ein echtes Herzensprojekt ist mein Ehrenamt, darüber möchte ich Euch heute ein bisschen was erzählen. Wie ich dazu gekommen bin, was mich dabei bewegt und auch, was es mir gibt.

Mein Mann und ich sind seit inzwischen zehn Jahren ehrenamtlich im Tierschutzverein Salzgitter aktiv, sechs Jahre davon aktiv im Vorstand. Anfangen muss ich dabei aber viel früher, denn groß geworden bin ich auf dem Dorf, mit vielen Tieren und ganz viel Wald und Wiesen um mich herum. Von Anfang an wurde mir die Liebe zur Natur und ihren Lebewesen in die Wiege gelegt. So war es nur natürlich, dass mir der Kontakt zu Tieren fehlte, nachdem ich der Liebe wegen nach Salzgitter gezogen war. Mein Mann und ich meldeten uns daher als ehrenamtliche Gassi Geher im Tierheim an, unser erster Kontakt zum Ehrenamt. Bei jeder Gelegenheit gingen wir ab da mit einem der tierischen Heimbewohner spazieren. War gerade mal keine passende Fell Nase verfügbar, spielten wir mit den Katzen gespielt oder schmusten mit ihnen.

Immer wieder begegneten uns dabei traurige Schicksale und sehr schnell entstand der Wunsch, mehr zu tun und zu helfen und zu unterstützen. Tiere gehören zu den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft, sie können sich oft nicht selbst helfen, werden misshandelt, ausgesetzt, einem grausamen Schicksal überlassen. Solange es Menschen gibt, die wehrlosen Wesen so etwas antun, muss es Menschen geben, die sich um diese Tiere kümmern.

So wurden wir beide Mitglied, dem Verein somit schon einmal zwei der so wichtigen Mitgliedsbeiträge sicher. Als sich bei einer der nächsten Mitgliederversammlungen nicht genügend Kandidaten für den Vorstand fanden und der Verein somit vor einer möglichen Auflösung stand, meldeten wir uns. Seit nun mehr sechs Jahren gehören wir dem Vorstand an, mein Mann als 2. Vorsitzender, ich als Sachbeistand und Verantwortliche für die Tiertafel Salzgitter.

 

Helfen macht glücklich 

Doch was bedeutet eigentlich Ehrenamt? Warum macht es glücklich? Und warum sollte ich mich dafür entscheiden?

Ehrenamtliches Engagement gibt mir die Möglichkeit, Dinge, die mir missfallen, ins positive zu verändern und etwas Sinnvolles zu tun. Im alltäglichen Leben hat das Ehrenamt eine große Bedeutung für das Zusammenleben, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Stärkung demokratischer Werte. Doch es hilft nicht nur denen, denen es zugutekommt, sondern auch denen, die sich engagieren.

Wer sich engagiert, erfährt oft viel Zustimmung und Dankbarkeit. Nichts ist erfüllender, als mit den eigenen Fähigkeiten und Talenten das Leben anderer besser zu machen. Wer viel gibt, bekommt auch viel zurück, das kann ein Lächeln, eine Geste, oder auch ein Wort sein. Wir haben als Teil des Tierschutzvereines eine Tiertafel ins Leben gerufen, um Tierbesitzern, die in finanzielle Schieflage geraten sind, mit Futter für ihre Haustiere zu unterstützen. Die Dankbarkeit, die man dabei immer wieder erfährt, ist mit Geld nicht aufzuwiegen und gibt einem das Gefühl, in dieser Welt wirklich etwas bewegen zu können.

Helfen macht glücklich! Wenn wir wissen, dass wir gebraucht werden und anderen etwas Gutes tun können, gibt uns das ein gutes Gefühl. Sich aktiv für eine gute Sache einzusetzen, macht uns glücklich und zufrieden. Man kann die Welt vielleicht nicht retten, aber man kann sie im Rahmen der eigenen Möglichkeiten jeden Tag ein bisschen besser machen.

 

Gemeinschaft 

Helfen macht Spaß!  Im Verein eine tolle Gemeinschaft gefunden zu haben, neue Menschen kennenzulernen, wie in unserem Fall sogar Freundschaften fürs Leben zu schließen, und gemeinsam an einer Sache oder auf ein Ziel hinauszuarbeiten, stärkt das Gemeinschaftsgefühl und macht viel Spaß. Diese Gemeinschaft kann einem auch viel Halt geben. Ganz nebenbei verbessert unser Engagement unsere sozialen Kompetenzen.

Helfen macht stolz! Soziales Engagement stärkt ganz nebenbei unser Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Zu wissen, dass man gesetzte Ziele erreicht, etwas sinnvolles und wichtiges getan und seine Zeit nicht verschwendet hat, gibt einem ein tolles Gefühl und macht einen stolz.

Ich würde mich freuen, wenn ich vielleicht den einen oder anderen Leser hier davon begeistern konnte, sich regelmäßig oder auch nur ab und zu einer ehrenamtlichen Aufgabe zu widmen. Es gibt so unendlich viel, was man tun kann. Sei es im Einsatz beim THW oder der Feuerwehr, als Übungsleiter im Sportverein, als Telefonseelsorge oder im Umweltschutz, bei der Integration geflüchteter, bei der Altenpflege oder Kinderbetreuung. Zahlreiche Organisationen oder Vereine könnten ohne ehrenamtliche Helfer nicht bestehen. Und sei es als Hilfe beim Kuchen backen fürs jährliche Sommerfest, beim Reinigen der Mannschaftstrikots oder Verkauf von kalten Getränken bei Veranstaltungen. Auch die kleinen Dinge haben eine große Bedeutung.

Helfen macht glücklich – probiere es aus!

Ahoi, ich bin Johanna!

Als Rheinländerin ist der Segelsport auf jeden Fall nicht das Erste, woran man denkt, auch wenn viel Wasser rund um Bonn zu finden ist. Viele verrückte Zufälle und noch mehr Schnapsideen waren es zu verdanken, dass mein Mann (Norman) und ich 2018 auf einem Segelboot landeten. Nicht, dass wir ernsthafte Segelerfahrung hätten vorweisen können…

 

Doch durch einen einwöchigen Segelurlaub an der dänischen Südsee (Ostsee) inspiriert, entschieden wir 2017 alles auf eine Karte zu setzen und ziemlich viel Geld in den Kauf eines Segelboots zu investieren. Klar war: Das Budget ist klein. Daher war unsere SY IRMA auch etwas älter als wir selbst. Zusätzlich entschieden wir, diese Entscheidung gleich mit einem Umzug an die deutsche Ostseeküste zu verbinden und auch auf die Wohnungssuche zu verzichten.

 

Die erste Hürde, die es nach der Bootsuche, dem Kauf und der Jobsuche zu bewerkstelligen galt, war die Überführung des Segelboots von Mallorca nach Deutschland. Mit einer Woche Segelerfahrung ein langer Weg raus aus dem Mittelmeer, entlang der Algarve, weiter Richtung spanischer Atlantikküste bis Höhe dem Cap Finistère (bekannt als Endpunkt des Camino de Santiago) und weiter über die unter Seglern gefürchtete Biskaya gen Bretagne, um dann schließlich im englischen Kanal langsam, aber sicher den Nord-Ostsee-Kanal anzusteuern.

 

Ein großes Abenteuer, vielleicht sogar das größte unseres bisherigen Lebens!

Ich möchte ehrlich sein, wir waren super aufgeregt und versuchten zunächst verzweifelt, weiteres Know-how an Bord zu lotsen. Doch außer moralischem Beistand in Form von Familienmitgliedern reichte das Budget nicht für einen Profiskipper.

 

Norman flog alleine nach Mallorca und segelte die ersten 10 Tage nach einer intensiven Einführung durch den Boots-Verkäufer auf eigene Faust nach Malaga. Der erste Erfolg: ohne sich selbst oder das Boot zu versenken. Ich zu Hause organisierte währenddessen den Umzug, fuhr den Transporter gen Lübeck, lagerte unsere Sachen ein und machte Druck!!!

Wenn du merkst, dass du mit der Natur nicht verhandeln kannst!

Du musst wissen, ich liebe To-do-Listen, ich liebe es, wenn alles ordentlich ist und ich das Gefühl habe, ich bin „on the top oft Things“, wie man im Englischen so schön sagt. Man könnte es auch Kontrollzwang nennen 😉 Als natürlicher Chaot gibt mir diese unnatürliche Routine Sicherheit. Sicherheit durch Kontrolle, durch Zwang und verbissene Disziplin.

 

Dieses antrainierte Muster trieb mich dazu, Normans Reisefortschritt stets mit Argusaugen im Blick zu behalten und falls notwendig, den eng getakteten Plan noch mal (und noch mal) in Erinnerung zu rufen! Und ich sage es dir, er war deutlich HINTER dem Plan! Norman versuchte mir jedes Mal mit der Geduld eines Stoikers zu vermitteln, dass man mit dem Wind und dem Wetter nicht verhandeln kann. Ich verstand es erst einmal nicht!

 

Als ich später in Porto (Portugal) zustieg, wurde mir erst einmal das Ausmaß unseres Vorhabens deutlich. Die Atlantik-Dünung war gewaltig. Ich weiß noch, wie meine Knie nachgaben, als ich am Mast stand, um das Großsegel einzuholen und ich gefühlt in 6 Meter tiefe Wellentäler blickte und dabei versuchte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Seitdem war ich ein bisschen nachsichtiger. Aber nur ein bisschen.

 

Auch als wir nach einem viel zu kalten Winter (-15 Grad) ein Jahr später Vollzeit an Bord reisten und arbeiten viel es mir superschwer, meine Pläne loszulassen. Ich arbeitete nun selbstständig als Freelancer die ganze Woche von Bord aus und wie von Hexenhand war uns am Wochenende der Wind nicht gut gesonnen. Als ob ich es mir nicht hätte selbst aussuchen können, saß ich verbissen immer zur selben Zeit morgens um 8 Uhr am Laptop und ließ den Griffel erst um 17 Uhr (deutsche Zeit) fallen. Verrückt!

 

Durch meine eigenen „ambitionierten Ziele“, die uns bei der Verwirklichung unseres Segellebens ganz klar schon gute Dienste geleistet hatten, kamen wir nun in Situationen, die Norman, der alte Abenteurer super wegsteckte, ich aber deutlich zu kämpfen hatte. Nicht, dass ich seekrank geworden wäre, nein!

 

Ich entwickelte ausgewachsene Panikattacken auf See.

Du musst wissen, ein Segelboot ist zum einen eher langsam unterwegs. Und zum anderen bewegt es sich permanent durch den Wellengang auf drei Bewegungsachsen im „Raum“ (Seegang). Zudem umfassen die Reisestrecken insbesondere an der Atlantikküste meist den ganzen Tag oder sogar noch längere Zeiträume UND das Wichtigste:

 

Beim Segeln kannst du nicht rechts ranfahren und eine Pause von der Situation machen. Auch wenn wir uns für einen Abbruch des Törns entschieden, konnte es Stunden dauern, bis wir im nächsten Hafen festgemacht hatten. Eine Situation, mit der ich sehr zu kämpfen hatte.

 

So konnte es nicht weiter gehen!

Anstatt dem Segeln, der Natur und meiner Selbstständigkeit meinen unnatürlichen Zwang aufdrücken zu wollen, musste ich mich endlich anpassen, sonst würde das hier NICHT funktionieren. Ich entschied mich, alte bewährte Techniken in die Bordroutine einzubauen:

 

Ich verwarf zunächst all unsere Pläne und genoss einen „faulen“ Sommer an der Algarve vor Anker. Wir wechselten nur den Ankerplatz, wenn wir neues Wasser benötigten oder doch mal in eine andere Bucht segeln wollten. Zeit spielte keine Rolle mehr! Rückblickend einer der schönsten Sommer meines (bisherigen) Lebens 😊

 

Mit Einschlafmeditationen kam ich meist auch in stürmischen Nächten zur Ruhe, anstatt mir im Bett liegend ein Worst-Case-Szenario nach dem Nächsten auszumalen und im Schlafanzug bei Wind und Wetter an Deck herumzuturnen und nach dem Rechten zu schauen. Oder wenn es wirklich zu doll wurde, erlaubte ich mir auch eine Auszeit von Bord und ließ es mir in einem Hostel oder Airbnb gut gehen.

 

Bei aufkeimenden Panikattacken konzentrierte ich mich auf meine Atmung, versuchte nicht gegen die Bewegung des Bootes zu arbeiten, sondern ließ mich auf den Rhythmus ein. Ich suchte mir Ablenkung in Form von Knoten üben, Podcast hören, nach Delfinen Ausschau halten, singen oder nach Landluft schnuppern…

 

Aber irren ist menschlich und so gelang es mir natürlich nicht immer, meine alten destruktiven Muster von Bord zu werfen. Doch wie heiß es so schön: Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung!

 

Warum du jeden Tag Erbsen zählen solltest!

Meine Aufmerksamkeit richtete ich nun noch mehr auf die Schönheit der Natur und übte mich in Dankbarkeit und legte meine Listen beiseite. Meine Mama hatte mir dazu dankenswerterweise die tolle Geschichte vom Erbsenzähler (Uwe Heimfeld) und einen kleinen Beutel mit getrockneten Erbsen geschenkt. Und ganz ehrlich gibt es denn etwas Schöneres, als umgeben zu sein von Delfinen, Mondfischen, Krebsen und Seevögeln… ?

 

Ich entdeckte meine Leichtigkeit in den Momenten der Entzückung wieder, wenn z. B. eine Delfin-Schule vorbeischaute oder wir lautlos über das Wasser segelten, oder ein traumhafter Sonnenuntergang, der einen herrlichen Tag beendete oder wir auf einen herrlichen Bauernmarkt einkauften oder wir den nächstgelegenen Gipfel erklommen und in der Bucht unsere Irma bewunderten. Und das Beste:

 

Diese Erinnerungen kann mir keiner mehr nehmen!

Egal, was gerade wieder für ein Terror in der Welt geschieht. Egal, ob auf dem Wasser oder an Land. Diese Erinnerungen sind mein Zen-Moment, durch den ich neue Energie, Dankbarkeit und Zuversicht tanken kann.

 

Seit Anfang 2021 leben wir nun im sagenumwobenen Harz, haben Irma verkauft und entdecken diese herrliche Ecke Deutschlands für uns. Denn wenn ich in der Natur bin, egal ob an Land oder auf dem Wasser, fühle ich mich verbunden mit meinem Urvertrauen. Jede Situation (auch Todesangst) rückt in eine sehr natürliche Relation „Tja, dann sterbe ich halt … “ Ich lasse alles los und komme in der Gegenwart an. Und was soll ich dir sagen, meine Erfahrungen geben dem rheinischen Sprichwort recht: „Et hätt noch immer jot jejange!“ (Es ist noch immer gut gegangen)

 

Heute begleite ich als Outdoor-Life-Coach, Feuerlauftrainerin und Mentorin (selbstständige) Frauen bei ihren großen Träumen und Zielen und nutze die Natur als beste Coaching-Methode der Welt. So erreichen meine Klientinnen ihre Ziele mit Leichtigkeit, denn sie erfahren ihre eigene Stärke, Mut und Zuversicht in der Natur und machen sich so zum eigenen Maßstab! Wenn dich das Thema interessiert, schau doch mal bei den Gipfelstürmerinnen vorbei: https://www.johannatschirpke.de

 

Hallo,

ich bin Gudrun und komme aus einem Dorf im Harzer Vorland! Ich liebe die Natur, gehe gern wandern und wir haben einen großen Garten, den mein Mann und ich gemeinsam bestellen und aus dem wir viele Monate frisches Gemüse ernten.

Ich bin gelernte Kauffrau und habe bis zu meinem Schicksalstag sehr gern gearbeitet, größtenteils im Außendienst mit eigenem Firmenwagen. Ich bin sehr ehrgeizig und hatte immer Freude daran, selbstständig zu arbeiten. Mein größter privater Wunsch war immer, einmal den Jakobsweg in Spanien zu gehen und über Wochen mit Minimalgepäck in der Natur zu sein.

In meinem Leben ist alles anders gekommen. Auf dem Weg ins Büro bin ich frontal mit einem anderen Auto zusammengefahren. Ein junger Mann hatte sich einen Sportwagen ausgeliehen und wollte in Schlangenlinien das Fahrverhalten des kleinen Flitzers testen!

Dieser Unfall hat mein Leben durcheinandergewirbelt. Ich hatte schlimme Trümmerbrüche linksseitig und war fast ein halbes Jahr in einer Rehaklinik. Auf dem Weg der Besserung ist mein linker Oberschenkel wegen schlechter Erstversorgung wieder gebrochen und das Bein brauchte ein weiteres halbes Jahr für die Heilung.

Ich war am Ende. Keine Pläne zu haben, und nicht zu wissen, wie mein Gesundheitszustand sein wird, wenn alle Trümmerbrüche ausgeheilt sind, haben mich tieftraurig gemacht. Nachts konnte ich nicht schlafen und mich plagten Zukunftsängste! Materiell waren die Sorgen nicht so gravierend, aber ich wusste nicht, wo zukünftig mein Platz im Leben sein wird.

In kleinen Schritten habe ich langsam wieder ins Leben zurückgefunden. Viele Spaziergänge im Wald haben mir gezeigt, wie schön die Natur ist und wie toll die Jahreszeiten im Harz sind! Ich habe gelernt, den Ärzten respektvoll gegenüberzutreten, aber Diagnosen auch kritisch zu hinterfragen.

Die Prognose, zukünftig nur mit einem Stock als Hilfsmittel gehen zu können, habe ich von Anfang an für mich in Frage gestellt. Ich habe gelernt, dass wir Menschen alle verschieden sind und dass es auch jeder selbst ein Stück in der Hand hat, wie der Heilungsprozess verläuft.
Ich bin dankbar für gute Einsichten und Erkenntnisse, die mir immer zum richtigen Zeitpunkt durch den Kopf gegangen sind. Den Ehrgeiz, geduldig zu sein, und immer am Ball zu bleiben, waren Dinge aus meinem Berufsleben und diese Eigenschaften habe ich lange Zeit für mein Gesundwerden gebraucht.

Nachdem ich insgesamt zwei Jahre krank war, war es mein größter Wunsch, wieder richtig laufen zu lernen und ich bin nicht ins Berufsleben zurückgekehrt. Ich habe alle Möglichkeiten wahrgenommen, habe viel über alternative Heilmethoden gelesen, habe mich gesund ernährt und Rehasport betrieben. Ich gehe seit dieser Zeit regelmäßig in eine Gymnastikgruppe, die hoffentlich nach der Pandemie wieder aktiv ist. Den Jakobsweg kann ich nicht laufen, dafür bin ich nicht gesund genug! Aber auf der Via Regia, die von Görlitz nach Eisennach führt, bin ich 3 Jahre hintereinander immer für eine Woche gelaufen und ich bin zufrieden, dass ich mir solche manchmal auch anstrengende Wege zumuten kann.

Ich bin in meinem Leben angekommen und ich glaube, ohne diese schlimme Zeit, wäre ich nicht die, die ich heute bin!

Ich mag es ab und zu mal aus meiner Komfortzone gekrabbelt zu kommen und deshalb habe ich mich besonders gefreut, als meine Freundin von einem Extrem-Wanderevent im Harz erzählt hat, zu dem wir uns dann angemeldet und vor ein paar Wochen daran teilgenommen haben.

Das ganze Event, die Organisation und die liebevollen Details, sowie das Motto der Veranstaltung haben mich ganz schön beeindruckt und irgendwie hat mich das nicht mehr losgelassen, so dass ich meinen ganzen Mut zusammen genommen habe, um den Geschäftsführer von E.M.T.I Extremwandern Marcus Tugendheim um ein Interview zu bitten.

Nachfolgend findest du das spannende Interview.

 

Was ist deine Vision?

Mein Team und ich wollen die Menschen dazu bewegen, die Natur wieder mehr zu spüren. Sie ist wunderschön und gerät so schnell in Vergessenheit. Zwischen unserem Alltagsstress und unserer schnelllebigen Gesellschaft mit vielen technischen Möglichkeiten, geraten wir schnell in eine Spirale voller Leistungsdruck.

Unser Ziel ist es, die immer weiter schwindenden „früheren“ Werte beizubehalten. Dazu zählen für uns vor allem Teamgeist, Zusammenhalt und tiefsinnige, inspirierende Gespräche. Und wo kann man das besser machen als in der freien Natur, an einem wunderschönen sonnigen Tag?

Wir treten jedes Extremevent gemeinsam an und beenden es auch gemeinsam. Bei uns zählt nicht, wer als erstes ins Ziel läuft, sondern vielmehr, dass jeder Teilnehmer seine selbstgewählte Distanz bis zum Ende läuft.

Deshalb bieten wir zukünftig für jedes individuelle Fitnesslevel verschiedene Distanzen an, für jeden ist eine Herausforderung dabei!

 

 

Welche Hindernisse musstest du auf dem Weg überwinden?

Mein Traum, etwas zu bewegen und zu verändern startete im Jahr 2017. Die Sehnsucht eine eigene Klamotten-Marke zu designen war riesig. So entstand hier bereits die Marke „E.M.T.I“ (Die Initialen meines Namens, Marcus Tugendheim (MT), englisch ausgesprochen). Genauso groß waren aber auch die Zweifel und Ängste. „Wie platziere ich die Marke auf dem Markt und wie kann ich gegen die großen Marken konkurrieren?“.

Entmutigt von der ganzen Skepsis, verwarf ich vorerst mein Vorhaben wieder.

Aufgeben war allerdings noch nie eine Option für mich. Schon damals hatte ich einen Satz im Kopf, der mich später noch auf die richtige Idee bringen wird: „Um die Spitze eines Berges zu erreichen, wirst du einen Weg finden nach oben zu gelangen. Von der einen Seite kann es leicht sein und von der anderen schwer“.

Das Stichwort „Berg“ und das damit verbundene Wandern wurde schließlich 2019 zu einem meiner liebsten Hobbies. Ich erinnerte mich an meine Bundeswehrzeit zurück und die damit verbundenen Märsche.

Motiviert suchte ich mir eigenständig eine Tour raus und wanderte los. Nach einigen Kilometern wollte ich aufgeben, ich hatte Blasen, meine Beine brannten und ich konnte nicht mehr. Aufgeben war aber keine Option und so beendete ich meine Tour. Ich war süchtig! Süchtig nach dem Gefühl über meine eigenen Grenzen hinauszuwachsen, das Gefühl seine Ziele zu erreichen und die anschließende, vollkommende Zufriedenheit danach.

So absolvierte ich dann meinen ersten 100km Marsch an einem heißen Hochsommertag, bei brütender Hitze. Die ersten Blasen traten bereits nach 21km auf, aber ich wollte es schaffen. Ich kam ins Ziel und war einfach nur überwältigt von meinen Emotionen.

2020 dann der große Einschnitt: Die Corona-Pandemie.

Gefrustet von dem Stillstand meines Vorhabens, verbrachte ich viele Tage des Lockdowns mit weiten Wanderungen. Ich fasste den Entschluss ein Unternehmen zu gründen und mich nicht unterkriegen zu lassen!

So gründete ich 2021 die „E.M.T.I UG“, ein riesengroßer Schritt für mich!

Mit Hilfe meiner Familie und Freunden wuchs die Idee: Mein größtes Hobby mit anderen teilen zu wollen. Es entstand das E.M.T.I-Extremwandern und die damit verbundenen Events.

Wir organisieren dir eine Mega-Route in deiner Wunschdistanz, Verpflegungsstopps, Krankenwagen für deine Sicherheit und bejubeln dich für deine Leistung am Ziel!

 

Was hat dich motiviert dran zu bleiben?

Mir selber vor Augen zu halten, dass ich Menschen bewegen möchte. Ich möchte etwas erschaffen, was nur von mir kommt.

Neben privatem Stress Zuhause, war ich auch in der Schule nie der „Beliebteste“ und meine Noten siedelten sich eher im schlechteren Bereich an. Ich wollte mein altes „Ich“ hinter mir lassen und etwas erreichen, weshalb die Leute stolz auf mich sind und zu mir heraufschauen. Diese Gedanken motivierten mich immer wieder nicht aufzugeben.

Mit diesem Unternehmen habe ich die Möglichkeit, eigene Ideen einfließen zu lassen. Hier kann ich frei sein und entscheiden, welche Schritte zukünftig den meisten Erfolg bringen. Es macht mir unheimlich viel Spaß die Reaktion der Leute auf meine eigenen Ideen mitzuerleben. Viele freuen sich über meine Pokale, über die Medaillen ihrer Vierbeiner nach dem Zieleinlauf und andere tragen meine selbst entworfenen T-Shirts oder Pullover. Das macht mich unglaublich dolle stolz!

 

Was bedeutet dir das Wandern?

Das Wandern bedeutet für mich frei zu sein.

Wenn ich alleine wandern bin, höre ich Musik und kann abschalten oder ganz in Ruhe über mich und mein Leben nachdenken. Das tut mir richtig gut.

Natürlich gehe ich auch oft mit Freunden wandern und wir verbinden das mit lustigen Gesprächen, ein paar Bierchen und lassen einfach mal die Seele vom Alltagsstress baumeln.

Neben den vielen gesundheitlichen Vorteilen, die das Wandern natürlich mit sich bringt, gibt es mir einen perfekten Ausgleich zur Arbeit und dem alltäglichen Wahnsinn.

Suche ich persönliche Herausforderungen, wandere ich eine weite Strecke. Das Gefühl dieses Ziel zu erreichen, ist einfach unglaublich und hat mir persönlich auch dabei geholfen mein Selbstbewusstsein zu stärken.

Ich kann es jedem nur empfehlen!

 

Hat sich die Mühe gelohnt?

Neben den ganzen Niederlagen, Einbrüchen und Selbstzweifeln, kann ich heute sagen, dass sich dieser steinige Weg auf jeden Fall gelohnt hat. Ich bin bereits jetzt wahnsinnig stolz auf mich.

Ich bin noch lange nicht am Ziel und hoffe viele Menschen zukünftig bewegen zu können.

 

Wenn du auch Lust hast aus deiner Komfortzone zu treten und deine eigenen Grenzen auszutesten oder einfach Lust hast mit anderen Menschen wandern zu gehen und dabei selbst zu entscheiden, wie weit du gehen möchtest, dann bekommst du hier weitere Infos und wenn du willst kannst du dich dort auch direkt zur nächsten Veranstaltung anmelden.

“Bevor man die Welt verändert, wäre es doch vielleicht wichtiger, sie nicht zugrunde zu richten!”
Paul Claudel, französischer Schriftsteller, 1868-1955

 

Sag mir, wo die Käfer sind…

Natürlich geht es nicht nur um Käfer. Der Verlust der biologischen Vielfalt betrifft alle lebendigen Systeme, alle biologischen Reiche als da sind Pflanzen, Tiere und Pilze. Besser noch drückt es der Begriff „Biodiversität“ aus, weil er viel umfassender ist und u. a. auch die Vielfalt der Lebensräume mit einbezieht und damit auch große Teile der unbelebten Natur.

 

Insekten als Indikator

 

Im Fachjournal Biological Conservation haben kürzlich 25 weltweit führende Insektenforscher eine „Warnung an die Menschheit“ ausgesprochen.

Demnach sind bereits rund 500.000 Insektenarten seit Beginn der Industrialisierung ausgestorben. Das sind rund 10 % der geschätzten 5.500.000 Insektenarten unseres Planeten.

Das Aussterben speziell der Insekten geht unaufhörlich weiter und beschleunigt sich aktuell zu einem geradezu atemberaubenden Tempo. Man spricht bereits seit vielen Jahren vom 6. Aussterben, analog zu den 5 großen Faunen- und Florenschnitten der Erdgeschichte. Der Unterschied: Die Ursache sind wir Menschen. Die Insekten zeigen es uns deutlich

 

Es betrifft uns alle

 

Unsere Spezies ist jedoch nicht nur die Ursache, sondern in absehbarer Zeit wohl auch selbst Opfer dieser Entwicklung. Uns ist offensichtlich der Zusammenhang zwischen uns als biologischen Wesen und einer uns umgebenden intakten Natur als Lebensgrundlage abhanden gekommen.

Wir müssen diesen Zusammenhang wieder mühselig lernen – aber wie?

Ein Weg ist, in sich selbst hineinzuhorchen. Ein Spaziergang draußen in der Natur, in einem noch weitgehend natürlichen Umfeld, baut Stress ab, entspannt und steigert unser Wohlbefinden. Das ist kein Märchen, sondern in vielen Studien belegt. Dazu gehört übrigens auch die Geräuschkulisse: Vogelgesang, das Rauschen eines Baches oder des Windes in den Blättern, manchmal auch Stille.

Viele von uns, ich würde sogar behaupten die meisten, suchen im Urlaub genau das, nämlich möglichst intakte Natur. Sogar die Werbeindustrie hat das erkannt und wirbt mit solchen Lokalitäten – selbst die Autoindustrie. Sieht man sich einen beliebigen Werbespot für einen SUV an, so sieht man diese Fahrzeuge sehr oft durch eine grandiose, ansonsten menschenleere Naturlandschaft rasen.

 

Was kann jeder Einzelne tun?

 

Jeder von uns kann dazu beitragen, indem die Hauptursache erkannt und möglichst beseitigt wird: der Verlust und die Vergiftung der Lebensräume, speziell für Insekten. Ein zugegeben kleiner, aber wichtiger Beitrag kann der eigene Garten oder sogar der Balkon sein. Etwas „Wildnis“ in der unmittelbaren Umgebung schadet bestimmt nicht. Die vielfältigen Möglichkeiten können wir im Folgenden nur anreißen.

 

Wie kann das in der Praxis aussehen?

 

Ein wichtiger Beitrag wäre z. B., keinen Mähroboter einzusetzen – den überlebt kein Insekt. Selbst das Mähintervall auf mindestens 4 Wochen zu erhöhen, wäre schon hilfreich. Tretwildkräuter wie Gänseblümchen oder Gänsefingerkraut würden sich freuen. Noch besser ist es, Vegetationsinseln oder -streifen und erst im Spätherbst zu mähen (nicht zu Schlegeln!!) und abzuharken. Das Schnittgut kann kompostiert werden, so überlebt ein Teil des Insektennachwuchses. Die Larven z. B. des Rosenkäfers können sich im Kompost entwickeln.

 

Ein ganz wichtiger Aspekt ist darüber hinaus die Auswahl der Bepflanzung im eigenen Garten. Oberste Priorität haben natürlich einheimische Blütenpflanzen, Sträucher und auch Bäume und davon möglichst die Wildformen. Unsere Insekten sind daran angepasst, mit Exoten können sie nichts anfangen. Das betrifft übrigens auch Zuchtformen mit gefüllten Blüten – kein Insekt kommt da an Nektar oder Pollen, sofern überhaupt vorhanden.

Das führt zu folgenden Tipps:

 

Forsythie, Thuja, Kirschlorbeer, Rhododendron – Völlig wertlos, die Insekten verhungern daneben. Alternativen: Kornelkirsche, Roter Hartriegel, Wolliger Schneeball, Weißdorn, Zwergmispel, Artengruppe Rote Johannisbeere

 

Geranien – dasselbe Problem, Alternative: z. B. Kapuzinerkresse

 

Zuchtrosen, alle Pflanzen mit gefüllten Blüten – bitte nicht verwenden, stattdessen die Wildformen

 

Alle einheimischen Pflanzen, die sich von selbst ansiedeln, sollten willkommen sein. Das sind diejenigen, die auch unsere Insekten fördern. Selbst die Brennnessel z. B. gehört dazu, die Raupen von mindestens 6 Tagfalterarten können sich ausschließlich von dieser Pflanze ernähren.

 

 

 

Mit etwas Geduld (und vielleicht viel weniger Arbeit als man denkt) kann man sich die Natur direkt vor die Haustür holen. Man hilft damit nicht nur der Natur, sondern fördert auch das eigene Wohlbefinden (s. o.). Das ist auf jeden Fall hilfreicher, als auf eine graue(nhafte) Schotterfläche zu starren, wie sie leider immer mehr werden.

 

Das Problem kann hier nur angerissen werden. Es gibt aber die Möglichkeit, beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN sowie bei der Bingo-Umweltstiftung entsprechende Broschüren mit umfangreichen Informationen über das Thema zu bestellen. Das gilt für die gedruckte Fassung, sie stehen aber auch als PDF zum Download zur Verfügung. Hier die entsprechenden Links:

 

https://nlwkn-webshop.webshopapp.com/insektenvielfalt.html

 

https://www.bingo-umweltstiftung.de/wp-content/uploads/2021/09/Bingo-Stiftung-Gartenbroschuere-2021-08-06.pdf

 

 

Gerwin Bärecke

 

Kennst du auch jemanden, der sich so für sein Thema engagiert wie Gerwin und damit etwas Gutes für die Gesellschaft bewirken kann? Dann lass es mich bitte wissen und schick mir eine kurze E-Mail an info@harz-happiness.de.
G
erne würde ich mehr darüber in meinen Newslettern berichten.

 

Mein unvermeidlicher Weg in die Angststörung und meine Wanderung hinaus.

Heute fällt es mir leicht, über diese Themen zu schreiben. Geht es uns nicht allen so, dass wir nach einer durchgestandenen Krise denken „ach war ja alles nur halb so wild, das habe ich überlebt.“ Aber wenn man mittendrin steckt, dann fühlt sich das Loch so tief an, dass man denkt niemals hinaus zu kommen.

Als Jasmin mich fragte, ob ich nicht einen Beitrag für ihren Newsletter schreiben wolle, war ich erst überrascht. Möchte meine Geschichte wirklich jemand hören? Ich bin doch nur Vanni von nebenan. Die vergangenen Jahre haben mir aber gezeigt, dass psychische Erkrankungen immer noch ein Tabuthema sind, dass wir uns dafür schämen, wenn unsere Seele erkrankt.

Meine Vision ist, das zu ändern. Es ist okay, wenn es dir nicht gut geht und du kannst wieder gesund werden.

 

Wer bin ich?

Wer ist diese Vanessa von nebenan also? Ich bin 38 Jahre alt, habe zwei Kinder im Alter von zwei und sechs Jahren und einen sehr liebevollen und unterstützenden Ehemann. Ich hatte auch immer einen sehr sicheren und gut bezahlten Job. Jackpot oder? Warum ist sie dann überhaupt krank geworden?

Wahrscheinlich war es die Summe aus Vielem, aber vor allem das Ignorieren meines Herzens, meiner Seele und den damit einhergehenden Werten.

 

Die Werte des Lebens

Hast du dich schonmal gefragt, was deine Werte sind und ob du danach lebst – privat und beruflich? Das Tückische oder eigentlich Gute ist, dass dein Unterbewusstsein deine Werte natürlich kennt und merkt, ob du nach ihnen lebst oder eben nicht. Also wird dir deine Seele auf kurz oder lang schon den richtigen Weg zeigen, auch wenn es durch eine Krankheit ist.

Meine Werte waren schon immer Ehrlichkeit, Authentizität, Respekt für Mensch, Tier und Umwelt, Nächstenliebe und Freiheit, Abenteuer, Wissensdurst.

Diese Werte konnte ich in meinen Beruf als Abteilungsleiterin in einem Industrieunternehmen schlichtweg nicht leben. Ich war noch recht jung für diese Verantwortung und versuchte diesen Mangel mit mehr Arbeit zu kompensieren, mehr Wertschätzung für meine Mitarbeiter in meinem Kosmos, mehr Miteinander zwischen den Abteilungen. Ich fühlte mich wie eine müde Löwin, die für das Gute kämpfte. Zwei Burnouts später, war ich noch immer Teil dieser Firma. Meine Seele musste mir wirklich viele Signale senden und war geduldig mit mir.

Als in diesem ganzen Wirrwarr mein Mann in mein Leben trat, veränderte sich Vieles. Ich konnte meine Werte kaum noch ignorieren, wollte nicht mehr bis in die späten Abendstunden im Büro sitzen und meinen Urlaub bis ins nächste Jahr aufschieben. Ich wollte leben – JETZT. Privat erfüllte sich ein Traum, wir zogen schnell zusammen, feierten eine Traumhochzeit und bekamen unser erstes Kind. Soviel Sinn erfüllte mich. Ich genoss die Zeit zu Hause sehr und die Angst vor dem Wiedereinstieg in meinen alten Beruf, wurde übermäßig groß.

Für mich gab es zu dem Zeitpunkt aber keine Alternative. Heute weiß ich, dass ich mir einfach nicht die richtigen Fragen gestellt hatte.

Als mein Sohn 1 1/2 Jahre alt war, ging er also zur Tagesmutter und ich wieder ins Büro. Es war furchtbar. Die Trennung viel mir schrecklich schwer. Er weinte, ich weinte und nachmittags waren wir beide so erschöpft von dem Tag, dass eigentlich kein richtiges Leben mehr stattfand. Jeden Tag fragte ich mich immer und immer wieder, wo ist hier der Sinn? Was tue ich hier?

Ich möchte nicht, das hier ein falscher Eindruck entsteht. Ich finde es total wichtig und schön, als Mama wieder arbeiten zu gehen, besonders, wenn dich dein Beruf erfüllt, dich glücklich macht und du viel Wertschätzung erfährst. Dann kann es eine wahre Bereicherung sein, denn ich finde gerade Selbstbestimmung und Verwirklichung kommen als Mutter ja oft zu kurz. Ich sehnte mich aber einfach nach Zeit mit meinem Kind, nach Unbeschwertheit und Freiheit.

Rückblickend bin ich ziemlich schnell krank geworden und dennoch dauerte es fast ein ganzes Jahr, bis ich es erkannte.

 

Meine erste Panikattacke

Genau in der Silvesternacht von 2016 auf 2017 hatte ich meine erste Panikattacke. Wir lagen schon zeitig im Bett, waren alle erkältet und wollten einfach nur schlafen. Da kam plötzlich ein Gefühl hoch. Heiß und kalt, Herzrasen, Übelkeit, kribbelnde Hände und Füße und ich war mir sicher, dass es jetzt vorbei war. Ich dachte an einen Schlaganfall, Herzinfarkt oder was auch immer. Dieses Gefühl „hier stimmt etwas nicht“ nahm mir regelrecht die Luft zum Atmen. Ich alarmierte meinen Mann und wir versuchten mich irgendwie auf die Beine zu bekommen, rauszufinden was ist, aber wir waren völlig überfordert und riefen den Notarzt.

Um das Ganze abzukürzen, ich verbrachte Silvester im Krankenhaus, wurde nur halbherzig untersucht und wieder entlassen, fuhr mit dem Taxi nach Hause und weinte die ganze Nacht. Ich glaube, dass die Ärzte ahnten, dass es eine Panikattacke war, es sprach aber niemand aus und ich war mit meinen Sorgen alleine. Ich erholte mich so halbwegs und der Alltagstrott ging von vorne los. Arbeiten, weinen, sich nach dem Sinn fragen.

Im April buchten wir einen schönen Urlaub in der Toskana. Das war schon immer ein Traum von mir. Und da lag ich dann in unserem Garten, in der Sonne, guckte in die Ferne und fühlte mich einfach nur leer und traurig. Alles dumpf und trostlos und ohne Sinn. Natürlich weiß ich heute, dass ich auf jeden Fall schon eine mittelschwere Depression hatte. Ich hatte plötzlich Angst vor allen möglichen Erkrankungen, Ausflügen und mein Körper spielte verrückt, er schickte mir 100 Symptome und ich war nur noch durch den Wind. Mein Körper und Nackenbereich waren so verspannt, dass mir regelmäßig schwindelig wurde.

Im Sommer kam dann die  bleibende Angst dazu. Ich hatte einfach immer Angst. Jeden Tag, den ganzen Tag. Ich hatte einen rasenden Puls, mir war übel und ich quälte mich durch jeden Tag. Eine absolute Belastung für unsere Beziehung und auch für meinen Sohn. Ich konnte es ja selber nicht verstehen.
Meinen einzigen Trost fand ich im Laufen. Jeden Tag lief ich mindestens eine Runde durch den Wald. Ich fühlte mich dabei wieder lebendiger und merkte, dass da noch ein bisschen Vanessa in diesem Körper steckt.

Als ich ein Meeting vorzeitig verlassen musste, weil ich eine Panikattacke bekam, zog ich die Reißleine und ließ mich krankschreiben. Auf unbestimmte Zeit, mir war alles egal.
Zu Hause ging es mir zwar besser, aber die Frage, wie ich wieder zurück in den Alltag komme, quälte mich so sehr, dass ich bei dem bloßen Gedanken an die Arbeit, Schwindelanfälle bekam. Ich konnte mittlerweile nicht mehr schlafen, weil mich die Ängste auch in der Nacht heimsuchten.

 

Masterplan 

Ich wühlte mich durch Internetforen, las alles über Stress, Angst und Panikattacken was ich finden konnte und ganz langsam gestand ich mir ein, dass es so nicht weitergehen kann. Ich erarbeitete mir einen Masterplan, recherchierte, rechnete, grübelte, sprach mit meinem Mann und kündigte dann meinen Job. Ja genau – von heute auf morgen. Ich kündigte ebenfalls den Platz meines Sohnes bei der Tagesmutter und hatte ihn fortan bei mir zu Hause.

Und dann? Ich heilte. Ich machte eine Therapie, Yoga, ich meditierte, klopfte EFT, sang Mantren und entdeckte so viel Neues an mir. Ich tanzte, wenn mir danach war und genauso weinte ich. Ich wurde dankbar und demütig für die kleinen Dinge und integrierte meine Werte in mein Leben.

Heute schreibe ich sogar ein Buch über meine Erfahrung und meinen Weg und wünsche mir, dass es vielen Menschen hilft.
Ich bin nie wieder in ein Büro zurückgekehrt.

Ich habe eine wundervolle Aufgabe gefunden, die mich Selbstverwirklichung und Familie vereinbaren lässt, die Sinn stiftend und gut für Mensch, Tier und Umwelt ist. Sie lässt mich Neues lernen und mich frei fühlen. Ich bin heute voller Träume und Visionen für meine Zukunft und dieses neue Lebensgefühl ist unbezahlbar.

Wenn ich dir mehr über meinen Weg und meine neue Berufung erzählen darf, folge mir bei Instagram www.instagram.com/vannis__world/ oder finde weitere Informationen hier:

https://vanessa-ringat.ringana.com/corporate/distribution/

 

 

Vorwort von Jasmin Frommhold:

Rebekka und ich haben uns 2018 bei unserer Ausbildung zur Waldachtsamkeitstrainerin kennengelernt. Der Funke ist sofort übergesprungen, die Sympathie war auf Anhieb da, so dass wir in der Zeit der Ausbildung, vor allem in der Prüfungsvorbereitungszeit einen engen Austausch gepflegt und sogar ein gemeinsames Abschlussprüfungsprojekt  ausgearbeitet haben. Es war eine wunderbare Zeit.

Dieses Jahr haben wir uns zum Team-Tag unserer Ausbildungsstätte der SRH Fernhochschule nach 3 Jahren wieder getroffen und durften gemeinsam mit unseren Ausbildungskolleg*innen die Mitarbeiter*innen der SRH in die Waldachtsamkeit führen. Das ganze Waldachtsamkeits-Event hat Rebekka organisiert.

Da kam mir die Idee Rebekka in meinem Newsletter vorzustellen, weil ich sie so unheimlich sympathisch und inspirierend finde, vor allem wie sie die vielen verschiedenen Bereiche ihres Lebens ( Familie, feste Arbeitsstelle, Selbstständigkeit, weitere Projekte) unter einen Hut bekommt und trotz ihres selbst oft betonten Perfektionismus und ihrer immer mal wieder kommenden Selbstzweifel dennoch ihren Weg des Herzens geht.

 

Rebekka:

Als mich Jasmin fragte, ob ich vielleicht etwas über mich und meine Motivation schreiben würde, sagte ich ganz spontan ja. Ich schreibe sehr gerne, aber vorzugsweise über andere. An meiner Arbeitsstelle bin ich verantwortlich für eine Zeitschrift, die wir dreimal pro Jahr herausgeben und sich insbesondere an unsere ehemaligen Patientinnen und Patienten, aber auch an unsere Zuweiser und Kostenträger richtet. Ab und an kommt es dabei vor, dass ich ausgewählte Personen, die mir über ihr Leben berichten, portraitiere. Eine wunderschöne Aufgabe, die mir sehr viel Freude bereitet, weil ich dabei Menschen näher oder von einer neuen Seite kennenlernen darf. Das ist spannend und ich bin immer wieder überrascht, wie facettenreich wir alle doch sind, welche Wege eingeschlagen werden und was uns Besonders macht.

Nun stehe ich vor der Aufgabe mich kurz und knapp zu portraitieren. Gar nicht so einfach. Was erzähle ich denn? Wer bin ich? Das ist eine gute Frage.

Vielleicht stelle ich mich mal vor. Mein Name ist Rebekka Barth, ich bin Mutter von drei großartigen Mädels und Ehefrau eines wundervollen Mannes. Seit mittlerweile 13 Jahren arbeite ich als Dipl. Betriebswirtin in den unterschiedlichsten Funktionen im Geschäftsbereich Suchthilfe eines großen Sozialunternehmens. Aktuell bin ich dort Referentin der Geschäftsführung.

Mein Herz hängt zum einen sehr an meiner Familie, zum anderen an der Natur.

Gemeinsame Zeit versuchen wir deshalb nach Möglichkeit draußen zu verbringen. So kam der Wunsch auf, die Natur nicht nur meinen Kindern näher zu bringen, sondern auch anderen Kindern zu zeigen, wie schön es draußen ist und was man dort alles erleben kann. 2014 machte ich deshalb eine Ausbildung zur Naturpädagogin und arbeite seither in meiner Freizeit viel mit Kindern.

Im Berufsleben stellte ich die letzten Jahre mehr und mehr fest, wie viel doch von uns allen verlangt wird und es insbesondere Erwachsenen oft schwerfällt, sich abzugrenzen oder einen Ausgleich zum Arbeitsleben zu finden- oft auch mir selbst. So erwuchs der Wunsch auch Erwachsenen zu zeigen, wie gut die Natur, wie gut der Wald tut- wie einfach es doch ist dort abzuschalten und auf andere Gedanken zu kommen. Ohne festes Ziel und ohne Druck, dafür mit wachen Augen durch den Wald zu gehen, die Spuren des Bibers zu erkunden, den Kleiber zu beobachten, oder den Zaunkönig zu entdecken und dies alles mit einer kindlichen Neugierde und voller Freude.

So kam es dazu, dass ich 2018 an der SRH den Wald-Achtsamkeitstrainer gemacht habe. Es erschien mir damals wichtig, fundiertes Wissen für das, was ich draußen immer spüre, zu erhalten. Eine sehr intensive Zeit. Nach weiteren drei Jahren spürte ich das Verlangen, erneut Neues zu lernen und so kam es, dass ich mich in einer Jagdschule angemeldet hatte mit dem Ziel, den Jagdschein zu machen. Warum ich hierüber berichte? Obwohl ich mich in der Natur und mit Tieren sehr gut auskenne und auch an der SRH sehr viel darüber gelernt habe, wie man mit Stress umgeht und das anderen auch vermittle, brachte mich die Vorbereitung auf diese Prüfung an meine Grenzen.

Vor der mündlich-praktischen Prüfung hatte ich immer das Gefühl ich weiß, trotz intensiven Lernens viel zu wenig, um diese Prüfung zu bestehen. Diese Versagensangst hat sich so zugespitzt, dass ich in den Wochen davor kaum mehr schlafen konnte, früh morgens aufgewacht bin und immerzu dachte, das packe ich nie. Meine Familie hat in dieser Zeit sehr unter mir zu leiden, keiner kannte mich bisher so und ich glaube, am schlimmsten für sie war, dass ich nicht fähig war gute Ratschläge anzunehmen bzw. dass es mir nicht möglich war, all das in meinen vielen Kursen Gelernte, anwenden zu können. Dazu kam, dass mir das Schießen mit der Flinte keine Freude bereitete. Während des Kurses hatte ich, aus verschiedenen Gründen heraus verlernt, den Kipphasen zu treffen. Schießtraining um Schießtraining war vom Nichttreffen geprägt. Mittlerweile ist mir klar, man darf nicht zielen, um zu treffen. Für einen Kopfmenschen, der so gerne perfekt wäre, gar nicht so einfach, nur aus der und auf die Situation zu reagieren.

Wie kam es dann? Die schriftliche Prüfung und auch die mündlich-praktische Prüfung meisterte ich mit Bravour- mein Wissen hat also doch ausgereicht, aber den Hasen in der Schießprüfung, den traf ich nicht.

Hinterher fühlte mich sehr schlecht und dachte, ich werde nie treffen. Hab mir die Frage gestellt, warum ich das überhaupt tue, denn eigentlich will ich doch gar nicht auf Tiere schießen und ich hab sehr an mir gezweifelt. Ein kleiner Funke „Siegeswille“ glühte aber noch in mir und ich meldete mich zur Nachprüfung an. Dieser Funke trieb mich dazu, mich aufzurappeln. Ich habe sehr viel über die Situation nachgedacht und mir überlegt, wo das Problem liegt. Zu einer Erkenntnis kam ich aber nicht sofort.

Dazu führten erst unzählige Stunden auf dem Schießstand gemeinsam mit meinem Mann (dessen Geduld ich sehr bewundere, denn ich bin einfach beratungsresistent und ich habe den Hasen zu dieser Zeit kein einziges Mal getroffen!!!) der den Glauben an mich nicht verloren hat, sowie viele intensive Gespräche mit ihm und anderen lieben Menschen. All das hat mir geholfen mit etwas Abstand wieder klar zu sehen.

Ich fand durch die Gespräche heraus, dass nicht das Schießen mein Problem war, sondern ich mir selbst im Weg stand! Mein Perfektionismus, mein Grübeln darüber, warum es nicht funktioniert, haben mich blockiert. Ich hatte vergessen, worauf es ankommt. Mir fehlte der Glaube an mich, ich hatte die Leichtigkeit und die Freude verloren und war so eingenommen von der Versagensangst, dass ich nicht mehr klar denken konnte.

Als mir das bewusst wurde, fiel es mir wie Schuppen von den Augen – nicht der Hase ist das Problem, sondern meine Einstellung. Ab diesem Tag ging ich wieder mit Freude auf den Schießstand und mit dem Bewusstsein den Kipphasen zu sehen und einfach nur zu reagieren. Ich war endlich wieder in der Lage das Gelernte abzurufen und was soll ich sagen, ich traf den Metallhasen sofort. Ein Glücksgefühl übermannte mich. Klar kamen bis zur Prüfung immer mal wieder Zweifel. Diese konnte ich aber umgehend wegpacken und durch positive Gedanken ersetzen. Jeden Abend vor dem Einschlafen malte ich mir aus, wie schön es sein wird, wenn ich abends nach der Prüfung die Urkunde überreicht bekomme. Immer wenn die Zweifel kamen, habe ich mich bei mir für das Bestehen der Prüfung bedankt. All das führte dazu, dass ich ruhig in die Prüfung ging und wusste, ich werde das schaffen. Und so kam es, aber das Gefühl war sogar noch viel schöner, als ich es mir immer ausgemalt hatte.

Warum erzähle ich das. Jeder von uns kommt irgendwann an einen Punkt, an dem er an sich zweifelt. Das müssen nicht immer riesige Einschnitte sein, es kann auch einfach nur ein Jagdschein sein, der dazu führt, das man strauchelt. Was ich heute weiß ist, es ist nicht schlimm manchmal zu zweifeln. Wichtig ist, wieder zu sich zu finden und dabei keine Scheu zu haben, sich mit anderen über seine Ängste/ Bedenken zu unterhalten. Man muss nicht immer alles allein schaffen- manchmal geht das auch gar nicht. Das ist mir klar geworden. Es ist keine Schwäche auch einmal schwach zu sein, denn am Ende wächst man an sich selbst.

Dankbar bin ich für die lieben Menschen (Jasmin gehört übrigens auch dazu), die mich in dieser Zeit begleitet und ertragen haben! Sie gaben mir Kraft und Zuversicht, durch Ihren Glauben an mich. Noch immer liege ich abends im Bett und bin unendlich dankbar. Dankbar für diese Erfahrung!

 

Wenn du mehr über Rebekkas Selbstständigkeit und ihre Angebote erfahren möchtest geht es hier entlang.