Frauke und ich haben uns bei einer meiner Waldbaden-Veranstaltungen kennengelernt. Wir haben uns unterhalten und sie erzählte mir, dass sie oft alleine mit dem Rad reist und das über weite Strecken. Ich fand es sehr spannend, da es viele Menschen gibt, die sich nicht trauen alleine zu reisen, obwohl sie gerne reisen und Frauke macht es einfach.
Warum Frauke alleine reist, was den Reiz für sie ausmacht und welche Herausforderungen das mit sich bringen kann, erzählt Frauke im nachfolgenden inspirierenden Interview.
Was hat dich motiviert alleine Radwandern zu gehen/zu fahren?
Als gebürtige Oldenburgerin gehöre auch ich zu denen, die sagen: In einer Fahrradstadt lernen wir Radfahren noch bevor wir laufen. Ich begann mit dem Rad meine Wahlheimat Lüneburg zu erkunden. Ich wollte mehr sehen. Das Gefühl frei entscheiden können, welchen Weg, welche Umgebung und in welchem Tempo, ist mir wichtig. Die Natur spüren und mit ihr sein. Als dieser Wunsch in mir wuchs und auch der Wunsch für eine längere Zeit mit dem Rad unterwegs zu sein, traf ich wenig Gleichgesinnte. Ich spürte meine inneren Ängste und ich spürte die Sehnsucht. Letzteres war so kraftvoll, dass ich JA sagte zum alleine Radwandern.
Was ist das Besondere am Alleine-Unterwegs sein?
Zu lernen alleine Entscheidungen zu treffen. In sich hineinzuhorchen. Traue ich mir genau dies zu. Nehme ich mich und meine Ängste wahr, was ist eine gute Herausforderung für mich und wo sind meine Grenzen.
Mit sich selbst sein und sich selbst besser kennenlernen, denn in dem Moment bist du alles, was du hast.
Die Stärken und Schwächen, die inneren Ressourcen, Fähigkeiten stärken und nutzen. Egal, was andere denken, wenn es in dem Moment gut ist mit dem Rad ein motivierendes Gespräch zu führen und es mich selbst stärkt und motiviert weiter zu radeln, dann einfach laut drauf los plappern.
Wie lange und wie viele Kilometer warst du unterwegs?
Bei meiner ersten großen Radreise 2022 durch die Niederlande fuhr ich in 4 Wochen 1200km. Doppelt soviel als das geplante Soll, aber realistisch. Hier berechnete ich jeden Kilometer, auch den zur Eisdiele.
Bei meiner jetzigen Radreise 2024 durch Schweden und Dänemark war ich entspannter, was das Kilometer zählen betraf. 427,52 km in 12 Tagen Schweden inkl. Pausentage.
In Dänemark zählte ich keine Kilometer, da ich aufgrund von Starkregen öfter mal die Bahn nahm oder mein Rad stehen ließ und zu Fuß ging.In Schweden hatte ich eine geplante Strecke. Von Malmö über Lund nach Halmstad. Ich hatte Pausentage mit eingeplant. Der schwedische Sommer 2024 war oft verregnet, es gab Gewitter und sehr viel Wind.
Hier fuhr ich weniger mal eben so los. Dafür lernte ich Wolken zu lesen, mit dem Wind zu sein und danach zu fahren. Ich machte Pausen, wenn viel Regen und Gewitter angesagt war und schaffte es tatsächlich 12 Tage mit dem Rad unterwegs zu sein und ohne nass zu werden.
Was hat dir dabei am Besten gefallen?
Sowohl in den Niederlanden als auch in Schweden gibt es Strecken, die durch Naturschutzgebiete führen. Es gibt einen Weg, den alle nutzen dürfen. Wildpferden begegnen, raue und unberührte Landschaften. Die Weite an den Küstengebieten. Dort zu sein, wo Enten immer Vorfahrt haben und Möwen einem niemals ein „Fischbrötchen“ aus der Hand reißen würden, sondern nur „Guten Tag“ sagen und weiter ziehen. Die Momente, wenn die Sonne durch die Wolkendecke bricht und wärmt. Das Gefühl: so ist es richtig.
Welche Herausforderungen gab es allgemein und unterwegs?
Allgemein und zum Glück nicht eintreffend. Ich kann keinen Reifen flicken. Nur in der Theorie. Ebenso weiß ich theoretisch, was bei Gewitter und Wildschwein-Begegnungen zu tun ist. Brauchte auch dies glücklicherweise nicht anwenden. In den Niederlanden hatte ich ein Zelt mit und war vorher nicht wirklich zelten.
Ich bezeichne mich selbst als Naturmimose in der Natur, weil ich jeder Spinne, die mein Zelt erobert, es erobern lassen würde ( *lach*).
Also! Die Angst und die Unsicherheit sind die größten Herausforderungen. Dieser immer wieder einem Realitätscheck unterziehen. Realistisch war der Seiten- und Gegenwind meine größte Herausforderung. Es hat mich viel Kraft gekostet. Ebenso die Kälte. Sowohl morgens im Zelt, als auch unterwegs. Der Körper beginnt zu schwitzen und gleichzeitig abzukühlen. Meine beste Freundin war die Windstopperweste.
Und einkaufen. Es gibt leider mittlerweile wieder viele Angebote, dass zwei Produkte günstiger sind als eins und daher Großpackungen angeboten werden. Einen einzigen Apfel zu kaufen war manchmal nicht möglich, aber ich brauchte weder sechs Äpfel, noch hatte ich Platz dafür. Für Schweden und Dänemark nahm ich einige Lebensmittel aus Deutschland mit, weil einkaufen dort zu teuer ist. Hier war die vorherige Planung herausfordernd und wichtig, aber auch nervig.
Was hat dir dabei am Besten gefallen?
Die Freundlichkeit der Menschen. Die Kontakte zwischendurch und dass sich jemand knapp 120 km später an mich erinnerte, mich ansprach und mir erzählte, sie hätte mich in Amsterdam auf einer Bank sitzen sehen. Bei den ca. 35 Grad in der prallen Sonne, erschöpft und durstig und dass sie mich jetzt wieder sieht, mit neuer Energie und meinem Mut, trotz der Hitze weiter zu radeln – das freute sie. Und mich.
Welche Tipps würdest du den Leser:innen geben, wenn sie selbst solch eine Reise planen wollen?
Auf die eigene Stimme hören. Mit Menschen offen über Ängste sprechen. Ich hatte mir vorab einen Termin bei den rucksackfrauen.de geholt. Wir sprachen über realistische Wegplanungen und Zeltausrüstung. Anne von den rucksackfrauen ist mehr aufs Weit-Wandern spezialisiert, aber sie ist eine Frau und eine von der ich vorab wusste, dass sie gut geeignet ist für Menschen wie mich.
Ich plane meine Reisen mit komoot premium und bin im Notfall auch darüber versichert, d.h. es würde mich jemand in einem nicht medizinischem Notfall, aber z.B. einem Komplettausfall vom Rad anhand der Koordinaten abholen.
Weitere Tipps:
Würdest du es wieder machen?
Ja und irgendwann werde ich es auch lernen einen platten Reifen zu flicken, denn es ist ein wundervolles Gefühl draußen unterwegs zu sein. Mit der Natur sein, für Momente und große Freuden zu erleben.
Wer Frauke auf ihren Reisen folgen möchte, kann das via Instragram tun. Hier kommt der dazugehörige Link:
https://www.instagram.com/frauke_unterwegs?igsh=MW5weGxkbm8ydms3aQ==