Ich habe dich bei einem spannenden Veranstaltungsformat „Lieblingsbuch am Freitag“ im Zinnfiguren-Museum kennengelernt. Dort hast du dich und dein Lieblingsbuch vorgestellt. Neben dem interessanten Buch, aus welchem du uns vorgelesen hast, fand ich deine Geschichte, wie du Museumsleitung geworden bist, sehr spannend.
Viele Menschen suchen vergeblich nach dem passenden Beruf und wenden dafür viele Mühen auf. Dich hat der passende Beruf einfach gefunden, so habe ich es zu mindestens verstanden. Würdest du das so unterschreiben?
Ja, die Beschreibung passt ganz gut. Ich habe während meines Studiums und der vielen Praktika, die ich gemacht habe, sehr viel über mich selbst gelernt und schnell herausgefunden, was mir Spaß macht und welche Stärken ich habe.
Bei den Praktika habe ich aber nichts ausgelassen. Mein erstes Praktikum während der Schulzeit war bei einem Optiker. Danach noch China-Restaurant, Jugendwerkstatt und Stadtmarketing. Zwischendurch immer mal wieder ins Museum. Ich kann also nur raten, sich viel auszuprobieren und keine Angst vor neuen Bereichen zu haben.
Was war dein eigentlicher Berufswunsch, bzw. dein beruflicher Plan und warum (was hast du dir darunter vorgestellt)?
Ich habe schon immer gerne gelesen und als ich noch jünger war, hatte ich die naive Vorstellung, dass mir das dann auch in beruflicher Hinsicht Spaß machen könnte. Daher wollte ich Lektorin werden und habe angefangen Deutsch zu studieren. Während des Studiums habe ich aber schnell gemerkt, dass es nicht meine Leidenschaft ist und ich keine Lust habe, die Sprache in seine Einzelteile zu zerlegen.
Ich habe an der Uni nicht nur Deutsch studiert, sondern auch Kurse zu Geschichte und ihrer Vermittlung belegt. Durch diese Kurse habe ich schon einen Vorgeschmack bekommen, dass mir die Wissensvermittlung viel Spaß macht, ich mir gerne Gedanken mache, wie ich Menschen von einem Thema begeistern kann. Mit dieser Vorahnung habe ich dann Praktika in Museen gewählt.
Wie du an dem Abend im Zinnfiguren-Museum erzählt hast, hattest du zu keiner Zeit den Gedanken daran, mal ein Museum zu leiten. Wie bist du dann zur Museumsleitung des Zinnfiguren-Museums geworden?
Die Praktika in Museumsbetrieben während des Studiums haben mir am meisten gefallen. Ausschlaggebend waren vor allem die Menschen, die dort gearbeitet haben. Es gab keine Person, die nicht einen spannenden Hintergrund hatte oder auf irgendeine Art und Weise kreativ im Leben stand. Ich hatte auch tolle Chefinnen, die mich gefördert und mich inspiriert haben. Mit diesen Frauen stehe ich noch heute in Kontakt und hole mir Rat zur Arbeit und auch ansonsten zu Belangen in meinem Leben :D.
Also habe ich meinen Masterabschluss schon gezielt auf Museen ausgerichtet, indem ich den Studiengang „Museum und Ausstellung“ belegt habe. Während dieser Zeit habe ich auch wiederum einige Praktika gemacht und ehrenamtlich in Museen ausgeholfen. Danach stand für mich auch erstmal klassisch die Jobsuche an und mit dem Zinnfiguren-Museum in Goslar war es gleich Liebe auf den ersten Blick.
Nach einem Jahr Berufserfahrung eröffnete mir meine damalige Chefin, dass sie nun in ihre zweite Rente geht (sie hat das Museum ehrenamtlich geleitet) und mir gerne die Leitung übergeben würde. Etwas überfordert und perplex habe ich dem zugestimmt und bin nun schon zwei Jahre Museumsleitung. Meine Kollegen unterstützen mich tatkräftig, sonst wäre der Übergang bestimmt nicht so reibungslos verlaufen und mittlerweile bin ich richtig in diesem Berufsfeld angekommen.
Was gefällt dir an diesem Beruf am Besten?
Museen sind nicht gerade dafür bekannt, dass sie besonders viel Geld zur Verfügung haben. Dadurch muss man viel improvisieren und kreativ werden. Das gefällt mir besonders. Alle im Team arbeiten hart daran, eine Ausstellung zu konzipieren und aufzubauen oder eine Veranstaltung mit viel Herzblut durchzuführen. Das schafft ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl. Weiterhin mag ich die unterschiedlichen Aufgaben, die anstehen. Kein Tag gleicht dem anderen und das finde ich sehr spannend und fordernd.
Was denkst du welche Persönlichkeitseigenschaften haben dir geholfen, dich von deinem passenden Beruf finden zu lassen?
Ich denke, dass ich immer aufgeschlossen bin und mich in andere Perspektiven hineinversetzen kann. Weiterhin gebe ich nicht so schnell auf. Ich habe einige Jobs gemacht, bei denen ich mich durchgequält habe, weil sie zeitlich begrenzt waren. Aber auch bei diesen Jobs habe ich etwas über mich selbst gelernt und bin mit neuen Ansprüchen und Erkentnissen wieder auf die Suche gegangen.
Was würdest du Menschen raten, die den Wunsch haben, einen Beruf zu finden, der ihnen Erfüllung bringt?
Ausprobieren! Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und man sollte nicht den Anspruch haben, gleich den perfekten Job zu finden und seine persönliche Erfüllung zu erlangen. Im Moment habe ich einen Beruf, der mir wirklich Spaß macht und bei dem ich viel lerne. Aber ich gehe davon aus, dass meine berufliche Weiterbildung und Suche noch nicht abgeschlossen ist. Ich bleibe offen für Neues und für neue Menschen, die mich inspirieren. Ich habe im Urlaub mal eine kennengelernt, die ihren Job für zwei Monate pausiert hat, um bei der Weinernte zu helfen. Das hatte überhaupt nichts mit ihrem eigentlichen Beruf zu tun, aber sie wollte diese Erfahrung schon immer mal machen. Diese Einstellung finde ich bis heute sehr bewundernswert. Mir ist auch bewusst, dass man sich diesen Luxus des Ausprobierens auch erstmal leisten können muss. Nicht jeder kann seinen Job aufgeben und sich die Zeit nehmen, sich kennenzulernen und sich auszuprobieren. Deswegen würde ich auch dazu raten, nicht ungeduldig zu sein und Chancen im derzeitigen Beruf zu finden.
Was findest du besonders am Zinnfiguren-Museum und warum sollten die Menschen sich das unbedingt anschauen?
Ich finde am Zinnfiguren-Museum ganz besonders die viele Arbeit und die Liebe zum Detail, die hier reingesteckt werden. Man merkt es an so vielen Stellen, auch wenn man noch nie hier war. Über die letzten vierzig Jahre wurde im Museum viel gebaut, gebastelt und vermittelt. Ich selbst hatte noch nie etwas mit Zinnfiguren zu tun und trotzdem hat mich das Haus und die Zinnfiguren vom ersten Moment an eingenommen.
Wann kann das Zinnfiguren-Museum besucht werden?
Das Museum hat Dienstag bis Sonntag von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. An Feiertagen können die Öffnungszeiten etwas abweichen, aber das geben wir rechtzeitig auf der Website gekannt.
Ich habe gesehen, dass man sogar selbst Zinnfiguren gießen kann. Welche Personen nehmen das in Anspruch?
Das ist eine sehr gute Frage. Das Angebot richtet sich an alle, die daran Spaß haben. Wir haben hier sehr viele Familien sitzen, die sich eine Zinnfigur gießen. Alter und Geschlecht ist dabei vollkommen egal. In der Regel findet jede Person die richtige Figur für sich.
Kann man das Zinnfiguren-Gießen auch als Erlebnis verschenken?
Im Museum können Gutscheine erworben werden, die für das Museum, den Shop oder für das Zinnfiguren gießen eingelöst werden können. Damit kann also ein schöner Tag mit allem drum und dran verschenkt werden.
Hast du neben dem Besuch des Zinnfiguren-Museums einen (Geheim)-Tipp für Goslar, z.B. einen besonderen Ort oder ein sehr gutes Restaurant, welches du den Lerser:innen empfehlen kannst?
Es ist kein wirklicher Geheimtipp, aber ich liebe den Besuch im Bergwerk Rammelsberg. Es ist für mich ein authentischer Ort, an dem ich den Bergbau erleben kann. Wenn man dann noch Lust und Puste hat, empfehle ich den Aufstieg zum Maltermeisterturm. Gerade im Sommer ist die Terrasse sehr zu empfehlen und dort gibt es leckeren Kaffee und Kuchen.
Wenn du Lust bekommen hast das Zinnfiguren-Museum zu besuchen, findest du hier weitere Infos.